Zwang bringt nichts
Die Corona-Impfungen sind derzeit das Thema. Reicht der Impfstoff? Wird er gerecht verteilt? Wie hoch ist die Impfquote? Und zu dieser Debatte gehört auch die Frage, wie hoch die Impfbereitschaft ist und ob eine Impfpflicht sinnvoll ist. Ein Blick auf die Geschichte des Impfens zeigt: Zwang hat weniger Erfolg als freiwilliges Impfen, das hat Historiker und Impfforscher Malte Thießen vom Institut für westfälische Regionalgeschichte bereits 2016 in der brand eins geschildert. Die Akzeptanz zum Impfen wächst mit der Aufklärung und Transparenz, erzählt Malte Thießen, vor allem im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen. Diese Sorge ist nämlich alles andere als neu.
Ähnlich wie bei den Corona-Maßnahmen sind Impfungen auch oft Opfer ihrer eigenen Erfolge. Je besser Impfungen wirken, desto mehr geht die Krankheit zurück und desto schneller sinkt der Zuspruch zur Impfung, weil die Bedrohung nicht mehr im Alltag sichtbar ist, so Thießen.
Corona als Zäsur
Die Gefahr durch Pandemien ist — oder war — uns überhaupt nicht mehr präsent, sagt der Historiker. Bis ins 20. Jahrhundert seien die meisten Pandemien eher mit einem Achselzucken abgetan worden. Heute leben wir in einem Zeitalter der Immunität, so Thießen. Der Schutz vor Infektionskrankheiten ist ganz selbstverständlich geworden. Deshalb werde der Einschnitt durch Corona als so gravierend wahrgenommen.
detektor.fm-Moderator Christian Bollert spricht mit Malte Thießen über die Angst vor dem Impfen, was wir aus der Vergangenheit lernen können, was neu an der Corona-Pandemie ist und warum Impfungen auch immer ein Leistungstest für den Sozialstaat sind.