„Der Mittelstandspräsident“, so wird der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, in den Medien häufig genannt. Nach eigenen Angaben vertritt der Verband 270.000 kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland mit insgesamt neun Millionen Arbeitsplätzen.
Aber ist der Interessenverband tatsächlich so groß und wichtig, wie er selbst angibt? Die Wirtschaftszeitung Handelsblatt zweifelt daran.
BVMW – Gefragte Stimme des Mittelstands
Für die Medien ist der Mittelstandspräsident Ohoven mit seinem Bundesverband ein beliebter Ansprechpartner, wenn es um die Anliegen von kleinen und mittleren Unternehmen geht. Egal ob zu Flüchtlingen in mittelständischen Unternehmen, der Rente mit 69 oder zum Freihandelsabkommen TTIP: Der BVMW-Präsident kommt häufig zu Wort und spricht dann stellvertretend für den deutschen Mittelstand.
Aber auch Spitzenpolitiker und die Bundesregierung verlassen sich auf den Verband von Mario Ohoven. Das Wirtschaftsministerium überlässt dem Verband im September die Leitung eines der bundesweit fünf „Kompetenzzentren für den Mittelstand 4.0“.
Fakt ist, dass diese Mitgliedszahl offenbar wirkt. Politiker jeglicher Couleur, auch Spitzenpolitker wie Sigmar Gabriel unterhalten sich mit dem BVMW. Was das angeht, erzielt er schon seine Wirkung. – Andreas Dörnfelder, Reporter beim Handelsblatt
Handelsblatt titelt „BVMW – der Scheinriese“
Mehr als 250.000 kleine und mittlere Unternehmen, die große Zahl hat die Journalisten des Handelsblatts stutzig gemacht. Vergleichbare Mittelstandsverbände zählen einige zehntausend Mitglieder, aber keine hunderttausenden.
Uns fiel im ersten Moment natürlich auch diese gigantische Zahl von den 270.000 Mitgliedern auf, die sich auch in der Lobbyliste im Deutschen Bundestag findet. – Andreas Dörnfelder, Reporter beim Handelsblatt
Denn zeitgleich geht die Mitgliedszeitschrift des Verbands an weniger als 17.000 Abonnenten. Auch interne Zahlen aus dem Verband lassen schließen, der BVMW zählt nur gut 15.000 Mitglieder.
Damit ist der Verband nicht die Stimme des Mittelstands, sondern nur eine von vielen. Die Wirtschaftszeitung titelt daraufhin am 1. Oktober: Der Scheinriese. Bis heute hat der Verband dem Artikel nicht widersprochen.
Über die Recherche des Handelsblatts zu den Migliederzahlen des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft hat detektor.fm-Moderatorin Astrid Wulf mit Andreas Dörnfelder gesprochen. Er ist Reporter im Investigativ-Team des Handelsblatts.
Redaktion: Sandro Schroeder