Bis 2002 haben Berufsunfähigkeitsversicherungen in staatlicher Hand gelegen. Seit 2002 sind sie für jeden Arbeitnehmer in Deutschland Privatsache. Viele wollen gar nicht erst daran denken, irgendwann den eigenen Beruf nicht mehr ausüben zu können. Wer nach dem 1. Januar 1969 geboren ist, bekommt höchstens eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Dschungel der Berufsunfähigkeitsversicherungen
Es gibt in Deutschland ca. 100 verschiedene Anbieter für Berufsunfähigkeitsversicherungen. Diese wiederum haben verschiedene Tarife, Pakete, Angebote und Leistungen. Ein wahrer Dschungel, den ahnungslose und ungeschulte Arbeitnehmer kaum durchschauen. Verbraucherschützer raten daher, sich von einem Versicherungsmakler beraten zu lassen, sich mit dem Abschluss Zeit zulassen und unbedingt das Kleingedruckte zu lesen.
Kritik am System
Dass die staatlich organisierte Versicherungspflicht abgeschafft worden ist, kritisieren mittlerweile viele Beobachter. So fordern beispielsweise der Vorsitzende des Bunds der Versicherten e.V. und die Verbraucherzentralen eine Wiedereinführung der staatlichen Berufsunfähigkeitsversicherung. Eines der Argumente: Die Tarife der Versicherungen richten sich logischerweise nach dem Berufsrisiko. Und das ist beispielsweise bei Handwerkern viel höher als bei „Kopfarbeitern“.
Ein Handwerker verdient aber ohnehin schon vergleichsweise wenig. Es ist also nicht unüblich, dass ein Handwerker mit einem Monatsgehalt von 2.000 Euro Brutto rund zehn Prozent an seine Versicherung abdrücken müsste. Da überlegt sich jeder dreimal, ob er eine solche Versicherung wirklich abschließt.
Kritik an Versicherungen
Eine Untersuchung der Unternehmensberatung Premium Circle hat sich nun die Angebote und Tarife der Anbieter genauer angeschaut und überprüft, ob und wie oft die Versicherten im Schadensfall Geld ausgezahlt bekommen. Das Ergebnis: ernüchternd. Die Verträge sind demnach so geschrieben, dass die Versicherungen eine Menge Spielraum bei der Interpretation des konkreten Falls haben. Soll heißen: Die Versicherungen können sich oft aus der Verantwortung ziehen.
Irreführende Werbung, schwammige Verträge, Intransparenz: Es gibt neue Vorwürfe gegen die Versicherungsindustrie. https://t.co/ZWbivVNNJu
— CORRECTIV (@correctiv_org) 28. März 2017
Die genauen Inhalte der Untersuchung hat sich das Recherche-Zentrum correctiv.org genauer angeschaut und dazu auch Standpunkte von Politikern eingeholt. Über die Untersuchung und mögliche Folgen für die Kunden hat detektor.fm-Moderator Christian Bollert mit Justus von Daniels von correctiv.org gesprochen.