Integrität, Verantwortlichkeit, Transparenz und Partizipation der Zivilgesellschaft – das sind die Grundprinzipien von Transparency International (TI). Die Nichtregierungsorganisation bekämpft weltweit Korruption und stellt regelmäßig Konzerne an den Pranger, die ihre Gelder in Scheinfirmen und Steuerparadiesen verstecken.
Doch im vergangenen Jahr deckte das gemeinnützige Recherchezentrum correctiv.org auf, dass TI selbst Geschäfte mit korrupten Firmen macht. Nun stehen die Korruptionswächter erneut in der Kritik. Denn das Management zieht gegen den eigenen Betriebsrat vor Gericht.
Undurchsichtige Abrechnung bei Transparency?
Vor circa einem Jahr nahmen die Reporter von correctiv.org die Buchführung von Transparency International genauer unter die Lupe. Sie fanden heraus, dass die Abrechnungen für die 2012 in Brasilia stattfindende Antikorruptionskonferenz (IACC) intransparent und zweifelhaft waren. Außerdem wurde die Konferenz vom brasilianischen Ölkonzern Petrobras gesponsort, der als besonders korrupt gilt.
Die IACC ist die wichtigste Veranstaltung, die TI alle zwei Jahre in einem anderen Land organisiert. Die Konferenz wird unter anderem mit deutschen Steuergeldern finanziert. Denn dort diskutieren Teilnehmer darüber, wie Unternehmen und Staaten möglichst transparent arbeiten können. Deshalb ist es umso erstaunlicher, dass es TI selbst nicht gelingt, den empfohlenen Standards von maximaler Transparenz und nachvollziehbarer Buchführung gerecht zu werden.
Management gegen Betriebsrat
Auch innerbetrieblich läuft es derzeit nicht rund für die NGO. Wegen Umstrukturierungen und Entlassungen wollte der Betriebsrat von TI einen Wirtschaftsausschuss gründen, um die Rechte der Arbeitnehmer zu stärken. Dieser könnte die Finanzen der NGO einsehen und somit das Management von TI überprüfen. Die Chefetage der Organisation ist dagegen und will die Gründung des Wirtschaftsausschusses vor Gericht verhindern.
Das Management argumentiert, Transparency International sei ein sogenannter Tendenzbetrieb. Tendenzbetriebe sind Unternehmen, die geistige oder ideele Ziele verfolgen und nicht allein für den Gewinn wirtschaften. Dort gelten eingeschränkte Beteiligungsrechte für den Betriebsrat, die zum Beispiel das Gründen eines Wirtschaftsausschusses nicht zulassen.
Das Arbeitsgericht Berlin hat in seinem Urteil festgestellt: TI ist kein Tendenzbetrieb. Gegen dieses Urteil will das Management nach Angaben einer Gerichtssprecherin Beschwerde einlegen.
Weitere Entlassungen befürchtet
Die Mitarbeiter von Transparency International befürchten derweil, dass die Organisation nun weitere Angestellte entlassen könnte, um die Gründung des Wirtschaftsausschusses anderweitig zu unterbinden: Denn auch für Betriebe mit weniger als 100 Mitarbeiter ist kein Wirtschaftsausschuss vorgesehen. Das Unternehmen hat derzeit um die 150 Mitarbeiter. Anfang November soll TI in einer Sitzung mit dem Betriebsrat weitere Entlassungen angekündigt haben.
Frederik Richter ist Reporter beim gemeinnützigen Recherchezentrum correctiv.org. Dort deckte er vergangenes Jahr auf, wie Transparency International Geschäfte mit Konzernen macht, die man eigentlich überwachen will. Im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Christian Eichler berichtet er über den nun laufenden Streit zwischen der Chefetage und dem Betriebsrat von Transparency International.
Redaktion: Malena Rottwinkel