Die Zinsen für Baukredite sind im Keller, und die Preise für Immobilien steigen in Deutschland immer weiter. Ein Paradies für Investoren? Nicht unbedingt, denn Experten warnen vor einer Immobilienblase. Dabei sind allein die teuren Grundstückspreise gar nicht das Problem.
In attraktiven Regionen sind steigende Immobilienpreise nämlich einfach auf die entsprechende Nachfrage zurückzuführen. Wenn absehbar ist, dass diese Nachfrage weiter steigt, wie es in vielen großen Städten der Fall ist, sind steigende Preise also gerechtfertigt.
Das ist eine ganz natürliche Marktreaktion, und man kann dann auch davon ausgehen, dass das eine Fundierung hat. – Roland Döhrn,Wirtschaftswissenschaftler
„Was eine Immobilienblase ist, weiß man erst, wenn sie geplatzt ist.“
Nicht die momentane Preisentwicklung ist also ausschlaggebend, sondern die Einordnung dieser Entwicklung. Wenn die aber deutlich vom Preistrend der letzten Jahre abweicht, wenn Immobilienpreise also sprunghaft ansteigen, könnte sich eine Immobilienblase bilden.
In Deutschland untersucht Roland Döhrn am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen jedes Jahr diese Abweichungen vom Preistrend. Während auf dem Hausmarkt Ende 2014 in gerade einmal 18 von 140 untersuchten Regionen die Preisentwicklung deutlich nach oben abwichen, waren es im April 2016 schon 37.
Man muss sich die Preisentwicklung auf den Märkten sehr intensiv und sehr kritisch ansehen. – Roland Döhrn
Dass sich eine Immobilienblase in Deutschland bilde, sei nicht auszuschließen.
Was ist ein Grundstück in zehn Jahren wert?
Gefährlich wird es erst, wenn die Grundstückspreise ihren eigentlichen Wert übersteigen, denn dann werden Immobilien zu einem höheren Preis gehandelt, als sie später wieder verkauft werden können. Das passiert zum Beispiel, wenn in Städten ein starkes Wachstum prognostiziert wird. Dann werden in großem Stil Grundstücke gekauft und Häuser gebaut. Bleibt das Wachstum dann aus, fällt der Preis der Neubauten rapide.
Man tut sich da immer sehr schwer zu beurteilen: Ist das jetzt eigentlich noch eine realwirtschaftliche Größe, die das Ganze treibt? – Roland Döhrn
Erst 2012 haben in Spanien solche Immobilienblasen zu einem massenhaften Leerstand geführt, als der erwartete Tourismus in der Finanzkrise ausblieb. Und in China gibt es ganze Planstädte, in denen niemand wohnen will. Man sei in Deutschland aber sehr viel restriktiver, sagt Roland Döhrn. Baukredite und Hypotheken seien in Deutschland schwerer zu bekommen als in anderen Ländern. Eine derartige Explosion bei den Immobilienkrediten sieht Döhrn deswegen nicht.
detektor.fm-Moderatorin Jennifer Stange hat mit Wirtschaftswissenschaftler Roland Döhrn gesprochen.
Redaktion: Amy Wittenberg