Die Elternzeit in Deutschland wird von Jahr zu Jahr beliebter. Sie ermöglicht frisch gewordenen Eltern gemeinsam bis zu 14 Monate Zeit für das Kind, ohne auf das Einkommen zu verzichten. Dafür muss der Vater von den 14 Monaten jedoch mindestens zwei Monate selbst in Anspruch nehmen. Ansonsten verkürzt sich die Zeit auf zwölf Monate. Väter können aber auch zwölf Monate zu Hause bleiben und die Frau geht nach zwei Monaten wieder arbeiten. In vielen anderen europäischen Ländern ist die Politik nicht so familienfreundlich oder legt andere Schwerpunkte.
Schweiz im Vergleich weit abgeschlagen
Ein Schweizer Vater hat zur Geburt seines Kindes lediglich Anspruch auf einen Tag Urlaub. Auch Frauen bekommen dort nur wenig Zeit für das Kind. Denn es gilt nur der reguläre Mutterschutz von etwas mehr als drei Monaten. Das liegt jedoch nicht nur an der Familienpolitik, sondern am Arbeitsrecht:
Die Schweiz hat ein anderes Arbeitsmarktverständnis. Während wir in den anderen europäischen Ländern einen starken Kündigungsschutz haben, gibt es den in der Schweiz nicht. – Wido Geis, Senior Economist am wirtschaftsnahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Im Gegensatz dazu werden die nordeuropäischen Länder für ihre Sozial- und Familienpolitik oft gelobt. In Sachen Elternzeit liegen sie jedoch nur im unteren Durchschnitt. Doch gibt es dafür bessere Betreuungsmodelle.
Die nordeuropäischen Länder sind sehr erfolgreich, was familienpolitische Ziele betrifft. Bei der Elternzeit befinden sie sich aber im unteren Mittelfeld, in der Betreuungsinfrastruktur dagegen weit oben. – Wido Geis, Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Mütter nehmen Elternzeit, Väter gehen arbeiten?
Auch wenn in Deutschland größtenteils Mütter in Elternzeit gehen, steigt der Anteil von Vätern, die ebenfalls von der Leistung Gebrauch machen. Die Eltern teilen sich den Zeitraum dann untereinander auf, im besten Fall nimmt sich der Vater sieben Monate Zeit. Ein gutes Beispiel dafür, dass auch Väter sich für ihren Nachwuchs engagieren, ist die thüringische Stadt Jena, in der im Jahr 2014 circa jeder zweite Vater in Elternzeit gegangen ist. Das ist in Deutschland Rekord. Forscherinnen vom DIW in Berlin haben sich mit der Aufteilung von Arbeit in den Familien beschäftigt.
Meistens bleibt der Vater bei den zwei Monaten Elternzeit, trotzdem bleibt das Modell ein Erfolg. – Wido Geis, Institut der deutschen Wirtschaft Köln
In Deutschland nehmen seit der Reform im Jahr 2007 immer mehr Väter Elternzeit. Doch wie ist es im restlichen Teil Europas und wer nimmt diese Leistung in Anspruch? Das hat detektor.fm-Moderator Alexander Hertel mit Dr. Wido Geis besprochen. Er ist Senior Economist am wirtschaftsnahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln und beschäftigt sich dort mit Familienpolitik.
Redaktion: René Tauschke