Die Europäische Zentralbank hat eigentlich nur ein einziges Ziel: Sie soll dafür sorgen, dass die Inflation im Euro-Raum auf konstant niedrigem Niveau bleibt. Seit der Finanzkrise ist die alleinige Konzentration auf dieses Ziel jedoch ins Wanken geraten. Denn die EZB hält sich mit dem sogenannten „Outright-Monetary-Programm“ schon seit 2012 ein Hintertürchen offen, mit dem sie Staatsanleihen einzelner Länder aufkaufen kann, wenn diese in ernsthafte, finanzielle Schwierigkeiten kommen. Das Mittel dazu, der Anleihenkauf, ist völlig in Ordnung – den nutzt die Zentralbank, um den Euro zu stabilisieren. In den Augen vieler Ökonomen und auch des Bundesverfassungsgerichts, würde sie mit dem gezielten Aufkauf von Staatsanleihen kränkelnder Länder jedoch Wirtschaftspolitik machen.
Schutzschild der Euro-Zone
Für die Stabilität der Finanzmärkte ist das „OMT-Programm“ sehr wichtig. Denn erst mit der Einführung konnte die EZB die Finanzmärkte beruhigen, die jederzeit mit einem Kollaps einzelner Krisenstaaten gerechnet haben. Auch wenn das Programm noch nicht umgesetzt worden ist, hat es einen psychologischen Effekt auf die Anleger. Dieses „OMT-Programm“ ist mit dem Urteil erstmals durch den Europäischen Gerichtshof legitimiert worden.
Rückendeckung für Draghi
Mit dem Urteil stellt sich der Europäische Gerichtshof hinter Zentralbank-Chef Mario Draghi. Das Programm trage, anders als von den Kritikern argumentiert, sehr wohl zur Erhaltung der Geldwertstabilität in der Euro-Zone bei. Kleine Einschränkungen gibt es jedoch: So dürfe die Europäische Zentralbank nicht vorher ankündigen, wann Staatsanleihen gekauft würden und auch nicht, in welchem Umfang. Durch solche Informationen könnten Anleger versuchen, sich Vorteile zu verschaffen und die Ziele der Zentralbank gefährden.
Der CSU-Politiker Peter Gauweiler, der gegen das Programm geklagt hatte, betrachtet das Urteil als „Kriegserklärung“ an das Bundesverfassungsgericht.
Über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat detektor.fm-Moderator Christian Bollert mit Robert Halver gesprochen. Er ist Leiter des Bereichs Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.
Redaktion: Christoph Höland/Javan Wenz