800 Euro für experimentierfreudige Finnen, 1.500 Euro für alle Schweizer. Das bedingungslose Grundeinkommen, kurz BGE, scheint in diesem Jahr salonfähig zu werden. Doch was bedeutet dieses „Ticket in die Freiheit“ eigentlich für die Gesellschaft?
Experiment bedingungsloses Grundeinkommen
Es ist fast schon zum Totschlagargument geworden, mit dem Kritiker versuchen, die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen verstummen zu lassen. Niemand würde dann mehr Arbeiten gehen, oder nur sporadisch, denn der Anreiz „Lohn“ verliere durch die Idee an Bedeutung.
Zumindest wenn das Grundeinkommen als Experiment angelegt ist, arbeitet der ganz überwiegende Teil der Menschen weiter. Sodass sich auf Angebots-Seite des Arbeitsmarktes nichts Dramatisches tut. – Georg Vobruba, Soziologe an der Universität Leipzig
Dass dieses Argument sehr oberflächlich ist, beweist auch ein Sozialexperiment im kanadischen Dauphin. Zwar gab es kein fixes Grundeinkommen, aber eine gesicherte Einkommensquelle, was sich positiv auf das Zusammenleben auswirkte. Nicht nur, dass der befürchtete Arbeitsmarkt-Zusammenbruch ausblieb, die Menschen gaben mehr Geld für Anschaffungen aus und sogar die Scheidungsrate und die Zahl der Krankenhausaufenthalte sank während des fünfjährigen Experiments.
Die Freiheit in der sozialen Hängematte
Das Berliner Start-Up „Mein Grundeinkommen“ hat über 35.000 Menschen begeistert, die bereitwillig bereits fast 30 Grundeinkommen finanziert haben. Die bisherigen Gewinner sind ebenfalls nicht in der sozialen Hängematte liegen geblieben, sondern haben das Geld in Projekte investiert. Ist die große Sorge um Arbeitsmarkt und Wirtschaft also unberechtigt?
#BGE #Basicincome #Basicincomeaction #UBI “If we can afford our current welfare system, we can afford basic income” https://t.co/Me1oKEZFG9
— Dakinisun (@Dakinisun) 25. Januar 2016
Ein wichtiger Aspekt ist zudem, dass laut Statistiken immer mehr Arbeitsplätze durch die Digitalisierung wegfallen könnten. Um den Wohlstand gerechter zu verteilen, wäre auch, so Telekom-Chef Thimotheus Höttger, das bedingungslose Grundeinkommen eine Alternative.
Die schweizer Regierung in Bern steht der Initiative weiter kritisch gegenüber. Volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch wäre das Konzept nicht tragbar. Trotzdem haben sich 129.000 Menschen dafür eingesetzt, per Volksabstimmung am 5. Juni 2016 über die Idee abzustimmen.
Wäre der gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche Wandel wirklich besorgniserregend? detektor.fm-Moderatorin Constanze Müller hat mit dem Soziologen Georg Vobruba über die gesellschaftlichen Auswirkungen durch eines bedingungslosen Grundeinkommens gesprochen.
Redaktion: Johanna Siegemund