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Deutschland ist kreuz und quer überzogen von einem riesigen Straßennetz. Autobahnen, Bundes-, Kreis- und Gemeindestraßen zusammengenommen, kommt man auf rund 700.000 Kilometer Asphalt. Es ist das dichteste Straßennetz Europas. Und auch bei der Asphaltproduktion ist Deutschland vorne mit dabei: Von europaweit etwa 4.000 Asphaltmischanlagen stehen etwa 700 in Deutschland. Jedes Jahr produzieren sie rund 60 Millionen Tonnen Asphalt. Und dass das weniger wird, ist nicht zu erwarten.
Ohne Erdöl kein Asphalt – oder doch?
Man sollte also meinen, dass die Arbeitsverfahren im Straßenbau mittlerweile ausgereift sind. Aber das stimmt nicht: Es wird noch immer viel geforscht. Straßen werden recycelt und Forscher suchen nach Wegen, in Zukunft Asphalt ohne Erdöl herzustellen – eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahrzehnte. Denn Erdöl wird eines Tages zur Neige gehen. Außerdem wäre es auch heute schon klimafreundlicher, auf Erdöl im Straßenbau zu verzichten.
Wie unsere Straßen in Zukunft ökologischer werden sollen, erklärt im Beitrag von Hendrik Kirchhof Michael Wistuba, der Leiter des Instituts für Straßenwesen an der TU Braunschweig.
Der Beitrag zum Nachlesen
Für jeden Meter Straße braucht man etwas Erdöl. Genauer gesagt: Es wird Bitumen benötigt, ein Stoff, der in Erdöl-Raffinerien als Restprodukt übrig bleibt. Bitumen ist der Klebstoff, der die einzelnen Gesteins-Bröckchen im Asphalt zusammenhält. Bitumen macht ungefähr fünf Prozent der Straßen-Masse aus, sagt Michael Wistuba, der Leiter des Instituts für Straßenwesen an der TU Braunschweig:
Das hängt von der genauen Rezeptur des Asphaltmischgutes ab, und der Bitumen-Bedarf ist an sich relativ gering im Vergleich zur Gesamtmasse des Baustoffs, weil das Bitumen ja nur eine ganz dünne Umhüllung um die einzelnen Gesteinskörner darstellt. Eben wie ein Kleber, ganz dünn nur, und je dünner umso besser quasi, weil es dadurch auch kostengünstiger wird. – Michael Wistuba
Allein schon aus Kostengründen wollen die Asphalt-Hersteller also am Bitumen sparen. Und natürlich, weil Erdöl eine endliche Ressource ist. Wissenschaftler versuchen deshalb, Bitumen im Asphalt zu ersetzen.
Einen Ersatz etwa aus erneuerbaren Bio-Rohstoffen, das ist zur Zeit Gegenstand intensiver Forschung, und hier gibt es wahrscheinlich oder mit großer Wahrscheinlichkeit schon erste Erfolge, aber die sind noch nicht auf den Markt gebracht und unterliegen der Geheimhaltung. – Michael Wistuba
Auch Michael Wistuba und seine Kollegen arbeiten an neuen, ökologischen Verfahren – aber so lange die noch nicht ausgereift sind, darf er dazu nichts sagen. Die Konkurrenz ist groß, und Ideen gibt es viele. Ein erster Schritt ist es, das Bitumen zu strecken, also nur teilweise zu ersetzen. Dafür könnte man zum Beispiel Wachse nehmen, Harze oder Stoffe aus der Holzindustrie. Die Schwierigkeit daran ist weniger die Technologie an sich. Das Hauptproblem ist, dass die Straße hinterher auch mit den neuen Baustoffen lange halten muss.
Das ist ein Bauwerk, das über Jahrzehnte Millionen von Lastübergängen ertragen muss, die vom Schwerverkehr kommen, und auf der anderen Seite ist es ein Baustoff, der jahraus jahrein der Witterung ausgesetzt ist: Hitzeperioden, Kälteperioden, Starkregen, Frost. Das setzt so einer Straße ganz schön zu. Und die Frage ist, welche Baustoffe sind überhaupt in der Lage über so viele Jahre dieser Beanspruchung standzuhalten. – Michael Wistuba
Großes Potential aus Sicht der Umwelt haben auch Versuche, den Asphalt während der Verarbeitung flüssiger zu machen – Fachleute sprechen von weniger Viskosität. Der Vorteil ist: Man muss das Material bei der Verarbeitung weniger erhitzen, um etwa 30 bis 40 Grad. Auch dafür gibt man zum Bindemittel Bitumen weitere Stoffe dazu.
Diese Verringerung der Viskosität des Bindemittels führt zu einer deutlichen Reduktion der schädlichen Dämpfe und Aerosole, führt zu Energieeinsparung, zu einer Reduktion der CO2-Emissionen, wir haben keine Einbußen in Bezug auf die Haltbarkeit der Straße und haben auf der anderen Seite Verbesserungen in Bezug auf die Verarbeitbarkeit und Energiegewinnung. – Michael Wistuba
Auch hier wird also noch viel experimentiert. Dasselbe gilt fürs Recycling von Asphalt. Auf diesem Gebiet ist Deutschland eine der führenden Nationen, sagt Straßenbau-Experte Wistuba. Die Bestandteile alter Straßen können schon heute zu einem Großteil wiederverwendet werden. Dazu wir die alte Straße zunächst zu einem Asphalt-Granulat gefräst…
… und dieses Granulat ist im Grunde wie ein frisches Gestein, wo aber Bitumen-Reste drauf kleben. Und diese Bitumen-Reste werden wieder erhitzt und verbinden sich nach Zugabe von neuem Bindemittel mit dem neuen Bindemittel, und es entsteht ein neuer Kleber, der eine ähnliche Wirkung hat und gleichwertig ist wie ein komplett frisches Bindemittel. – Michael Wistuba
Auf diese Weise können heute alte Straßen zu 80 Prozent recycelt werden, die restlichen 20 Prozent bestehen aus neu hinzugefügtem Material. Aber auch da ist noch viel Luft nach oben. Auf einigen Test-Strecken werden schon Recycling-Raten von 90, 95 oder fast 100 Prozent erzielt, sagt Michael Wistuba.
Funktioniert zum Teil sehr gut, funktioniert zum Teil nicht, das ist eine Technologie, die gerade in der Optimierung ist. – Michael Wistuba
Allein in Deutschland werden jährlich etwa 60 Millionen Tonnen Asphalt produziert. Beim Recycling nützt der Umwelt also jedes Prozent.