Im Einzelhandel rumort es. Aber nicht auf Seiten der Beschäftigten, sondern vielmehr sind die Arbeitgeber unzufrieden. Sie sind es nämlich, die die Löhne für die Arbeitnehmer erhöhen wollen. Dass so eine Meldung aus dieser Richtung kommt, ist mehr als selten. Denn üblicherweise fordern Gewerkschaften wie ver.di höhere Löhne von den Arbeitgebern, die dann lange hin und her streiten, bis sie sich auf eine oft minimale Erhöhung geeinigt haben.
Nun sieht das anders aus. Auf einmal bekommt die Gewerkschaft ver.di Unterstützung aus den Reihen der Gegenseite. Aber wieso?
Wettbewerb ist gestört
Im Einzelhandel zahlen 30 Prozent der großen Ketten wie Lidl, Kaufland und Real den tariflich festgelegten Stundenlohn an ihre Angestellten. Die anderen großen Märkte, die tariflich nicht gebunden sind, zahlen deutlich weniger an ihre Mitarbeiter. Dahinter sehen erstere eine Wettbewerbsverzerrung und springen jetzt der Gewerkschaft ver.di zur Seite. Die hat Anfang März eine Kampagne gestartet, mit der sie durchsetzen will, dass es wieder eine Allgemeinverbindlichkeit für die Branche gibt: Also, dass alle Märkte im Einzelhandel die gleichen Löhne zahlen.
Das ist in dem Punkt wirklich mal im Interesse der Beschäftigten. Es kann ja nicht sein, dass ein intensiver Preiswettbewerb nur auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. – Thorsten Schulten, Hans-Böckler-Stiftung
Der gespaltene Einzelhandel
Denn in den nicht-tariflich-gebundenen Ketten werden die Löhne teilweise so stark gedrückt, dass es kaum mehr zum Leben reiche, so Stefanie Nutzenberger, Bundesvorstandsmitglied der Gewerkschaft ver.di. Andere Stimmen halten dagegen, wie etwa Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland. Er sagt, dass die Bezahlung im Einzelhandel weit über dem gesetzlichen Mindestlohn läge.
Ob und wie man die Löhne sinnvoll anheben kann, hat detektor.fm-Moderator Christian Eichler mit Thorsten Schulten besprochen. Er ist Referatsleiter für Arbeits- und Tarifpolitik in Europa bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
Redaktion: Roberta Knoll