Wer etwas von Casting hört, denkt vielleicht erst einmal an Castingshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Germany’s Next Topmodel“ oder an Kino-Filme und Serien. Nur wenige denken an die Menschen, die diese Castings organisieren. Für einen Film mit 16 Rollen werden da schon mal schnell 200 Schauspieler gecastet. Jedes Casting wird als Video aufgezeichnet und an diverse Empfänger geschickt. Denn Redakteure, Regisseure und Produzenten wollen sich die einzelnen Szenen anschauen. Wenn das über Dropbox oder WeTransfer gemacht wird, wird es schnell unübersichtlich.
Martin Douglas und Andreas Kastler wollen das ändern. Sie haben eine Cloud-Lösung für das komplette Management von Casting-Projekten entwickelt. Schon heute nutzen Fernsehsender, Filmproduktionen, Casting-Agenturen und Werbeagenturen „CastConnectPro“.
Christian Bollert ist für detektor.fm nach München gefahren und hat Andreas Kastler und Martin Douglas getroffen.
CastConnectPro gehört zu den Kultur- und Kreativpiloten der Bundesregierung. Bis zum 30. Juni können sich dort Unternehmer aus der Kultur- und Kreativwirtschaft bewerben.
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Ein Casting fängt meistens mit einer kurzen Vorstellung an. Bei einer durchschnittlichen Filmproduktion kommen bei einem Casting schnell 500 Dokumente zusammen. Martin Douglas arbeitet seit 15 Jahren in der Branche und kennt die Flut an Dateien, die dabei entsteht. An einigen Tagen haben sie in ihrem Münchener Studio zwei, drei Filmproduktionen hintereinander. Die Caster wollen dann gern noch abends das Material bekommen.
Bis vor einigen Jahren lief das noch über DVDs und Kuriere. Aus dem Arbeitsalltag von Martin Douglas ist dann die Idee zu CastConnectPro entstanden. Die Online-Plattform soll die Arbeit erleichtern.
Man hat ein Filmprojekt mit 15 Rollen. Pro Rolle hat man 10 Vorschläge, sind 150 Schauspieler. Jeder Schauspieler kommt ins Studio und hat fünf Casting-Clips, ein Foto und einen Castingbogen. Also da sind wir schnell bei 500, 600 Dokumenten oder Dateien. Und das System kann Daten schnell, einfach und übersichtlich bereitstellen. – Martin Douglas
Mit der Cloud-Software CastConnectPro können Caster, Redakteure und Regisseure einen besseren Überblick behalten. Werden heute die Dateien häufig per Dropbox oder Wetransfer hochgeladen, bündeln die Macher von CastConnectPro die Daten auf einer übersichtlichen Plattform. Andreas Kastler entwickelt zusammen mit Martin Douglas die Plattform CastConnectPro.
Wir möchten ein System haben, wo die Anwender damit arbeiten, das Spaß macht und wo man nicht ständig irgendwie drüber nachdenken muss, kann ich denn noch oder soll ich noch und jetzt würde ich da wieder limitiert. Das Ziel ist eine Lösung anzubieten, die Spaß macht, die funktioniert und wo man nicht davon genervt wird. – Andreas Kastler
Martin Douglas macht sie heute offenbar bereits schon soviel Spaß, dass er sich seine tägliche Arbeit im Castingstudio nicht mehr ohne das übersichtliche Werkzeug vorstellen kann. Er schwärmt:
Für mich ist es totale Leichtigkeit. Das ist auch der Grund, warum ich es gemacht habe. Ich fühlte mich immer total angefesselt, wie sagt man da, so … Festgetackert! Oh, da kommt wieder so ein Wetransfer-Link rein. Oh, nee und alles wieder abgelaufen, oh! Also, man ist wirklich so angetackert, ja und hier ist man so, es ist wie Airflow oder so. Es ist wie ein Kunstflug. Und das für alle, die damit arbeiten. – Martin Douglas
Für Martin Douglas sind die Berechtigungen der einzelnen Nutzer eine zentrale Funktion von CastConnectPro. Denn sie machen den Unterschied zu bisher bestehenden Lösungen.
Der Caster darf etwas sehen, was der Regisseur nicht sehen darf. Der Sender darf es erst ganz am Schluss sehen. Die Produktion aus England soll dann widerum das sehen, aber nicht das und den Kommentar vom Regisseur dann vielleicht. Es ist nicht praktisch eins zu eins Daten bereitstellen, sondern der Clou ist eigentlich, dass der Caster die Möglichkeit hat, die Zügel in der Hand zu halten und ganz genau auch festzulegen, wer wann was zu welchem Zeitpunkt sehen darf. – Martin Douglas
Die Macher von CastConnectPro arbeiten bereits seit einigen Jahren an der Plattform für die Castingbranche. Dabei hat es natürlich auch immer wieder Rückschläge gegeben. Lau Martin Douglas sind aktuell die vielen neuen Funktionalitäten beim Verkauf manchmal fast ein Problem.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Funktionen und die Möglichkeiten so neuartig sind und so neue Türen öffnen, dass die Leute noch gar nicht wissen, was hinter dieser Türe ist. – Martin Douglas
In den letzten Jahren ist das System bereits bei bekannten Produktionen in der Praxis eingesetzt worden. Bei „Fack Ju Göthe“ zum Beispiel haben die Leute von CastConnectPro das Material aus mehreren Städten für die Filmcrew organisiert.
Wir haben aber den kompletten Service übernommen. Das heißt, die haben uns tatsächlich einen Wetransfer-Link geschickt mit 200, 300 Videoclips und wir haben das dann praktisch einfach eingefügt. Aber es ist natürlich universell einsetzbar. Wir hatten auch ein Projekt mit Dominik Graf für Zielfahnder, Flucht in die Karpaten, was in Rumänien gedreht wird. Die haben in Rumänien einfach die Videos hochgeladen und Dominik Graf konnte sich das gemütlich überall anschauen. – Martin Douglas
Hört man Andreas Kastler und Martin Douglas in ihrem Büro zu, wie sie über ihre Plattform sprechen, spürt man die Begeisterung und die Leidenschaft für ihr Nischenprodukt. Fast unweigerlich wird klar, dass CastConnectPro kein Resultat eines Managementlehrbuchs ist, sondern eine Herzensangelegenheit. Martin Douglas:
Ich bin der Meinung Erfolg und auch finanzieller Erfolg ist immer eine Konsequenz und nicht das Ziel. So geht es mir zumindest. In meinem Leben war es immer so, ich habe etwas gemacht, was mich begeistert. Ich mach das gerne, ich mach das gut. Und dann gibt es bestimmt Leute, die bereit sind, dafür etwas zu zahlen. Für mich ist es ein fremder Gedanke irgendwo hinzugehen und zu sagen, ich mach das jetzt, um Geld zu verdienen als Mittel zum Zweck. Das entspricht so nicht meiner Haltung, das ist eine Haltungsfrage.
Martin Douglas ist derjenige, der fast jeden Tag mit neuen Ideen ankommt, Andreas Kastler derjenige, der prüft, ob es sinnvoll ist, diese auch wirklich umzusetzen. Jetzt geht es für beide darum, ihre Plattform CastConnectPro anweitere Caster zu verkaufen. Das System ist da, es funktioniert und es ist übersichtlich. Martin Douglas ist auch da optimistisch. Denn er geht jeden Tag gern zur Arbeit.
Es ist wie ein Koch vielleicht. Ein Koch, der kocht und er macht richtig gutes Essen und die Leute kommen und dann zahlen sie auch. Wenn sich aber einer hinstellt und sagt, Kochen interessiert mich überhaupt nicht, aber ich koch jetzt, weil ich Geld verdienen will, es wird einfach nicht schmecken.