Jetzt ist er da: der Mindestlohn. Es gab nicht enden wollende Diskussionen über die Umsetzung des Gesetzes. Verschiedene Branchen sagten ihren Untergang voraus, Arbeitnehmer-Vertreter jubeln im Choral. Wir setzen einen Fokus, und fragen drei mal nach:
Wie geht’s den Kontrolleuren?
Die zuständige Abteilung für Kontrollen zum Mindestlohn ist die beim Zoll angesiedelte „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS). Die FKS bekam zwar Unterstützung in Form von 1.600 neu geschaffenen Stellen zugesichert, kann so jedoch keine effektiven Kontrollen zur Umsetzung des Mindestlohns garantieren. Die eigentliche Forderung lag bei 2.500 Stellen.
Die Kontrolle des Mindestlohns stellt ihn nun vor eine unüberschaubare Aufgabe, den deutschen Zoll. Bisher wurden vier Millionen Deutsche überprüft, jetzt kommen 3,7 Millionen weitere hinzu. Bei einer Ausbildungszeit von zwei bis drei Jahren könnte es noch einige Jahre dauern, bis die Behörde überhaupt volle Kapazität erreicht. Dazu kommt, dass der demografische Wandel auch vor deutschen Ämtern keinen Halt macht und der Nachwuchs ausbleibt.
Über die aktuelle Situation bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit hat detektor.fm-Moderatorin Teresa Nehm mit Thomas Liebel gesprochen, dem stell. Bundesvorsitzenden der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft.
Haben die Experten einen Überblick?
Sie sind vollkommen überlaufen: die Informationsveranstaltungen der IHKs für Arbeitgeber zum Mindestlohn. Doch auch, nachdem sich die Ansprechpartner für die Unternehmen erst mal durch das komplizierte Gesetz gearbeitet haben, bleiben viele Punkte offen. Es wird sich erst innerhalb der nächsten Jahre herausstellen, wie die Wirtschaft mit den Neuerungen umgeht und wie die Gerichte über auslegbare Formulierungen entscheiden.
Für Fragen der Unternehmen zur Haftung, Aufzeichnungspflichten oder den Regelungen für Praktikanten aber gibt es bis dahin oft nur unzureichende Antworten. Über diese Unsicherheiten hat Teresa Nehm mit Stefan Hardege gesprochen. Er ist Leiter des Referats Arbeitsmarkt und Zuwanderung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag.
Auswirkungen des Mindestlohns auf die deutsche Startup-Szene
Die Befürchtungen der deutschen Startup-Szene waren groß. Das neue Gesetz wurde äußerst kritisch gesehen, mitunter gar schwarzgemalt und schlechtgeredet. Doch nicht nur Startups nimmt der Mindestlohn in die Zange. Seine Konsequenzen werden auch praktikums-willige Schüler, Studenten oder Absolventen indirekt belasten.
Bisher war die „Generation Praktikum“ schon daran gewöhnt, für einige Praktikumswochen oder -monate kein Geld zu sehen. Doch wenn man nicht gerade ein schwarzes Schaf erwischte, war meist der Lerneffekt groß: Endlich kann theoretisches Wissen in die Praxis umgesetzt werden.
Durch den Mindestlohn müssen auch Startups ihren Praktikanten den flächendeckenden Mindestlohn zahlen – zumindest, wenn sie länger als drei Monate im Unternehmen sind. Das schreckt einige Unternehmen ab; viele können das Gehalt gar nicht zahlen.
Auch eine Abnahme von Neugründungen steht zu befürchten. Solch schlechte Voraussetzungen bedingen das Ausbleiben von Innovationen in einem Land. Und gerade die braucht Deutschland so dringend.
Fragen, die wir mit Sascha Schweigler besprechen, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bundesverbandes für Deutsche Startups.
Redaktion: Ronja Hoffmann