Beim Geld hört die Freundschaft auf. So ist es im Privaten – und so ist es auch anderswo. Argentinien war derart verschuldet, dass es 2001 einfach keine andere Wahl mehr hatte, als eine Staatspleite hinzulegen. Jetzt könnte es sein, dass sich die nächste Staatspleite anbahnt. Denn Argentinien war von Gerichten dazu verdonnert worden, Altschulden an Hedgefonds zurückzuzahlen. Die Frist dazu läuft heute ab. Worum es da geht und was so eine Staatspleite bedeuten würde, diesen Fragen ist mein Kollege Marcus Engert nachgegangen.
Das Gespräch zum mitlesen
Worum geht es bei den Streitigkeiten?
Es geht um alte Schulden Argentinierns, die letztlich aus den Neunzigern stammen. Damals galt Argentinien ein bisschen als Musterstaat. Man hatte die Märkte geöffnet, den Staatsbesitz privatisiert – dafür gabs viel Lob und günstige Kredite. Mit denen hatte sich Argentinien eingedeckt – und dann kam die Finanzkrise. Der Export krachte ein, Argentinien kam in Zahlungsschwierigkeiten – und erklärte sich 2001 erklärte sich für zahlungsunfähig.
Mit den Gläubigern hatte man sich dann auf einen Schuldenschnitt geeinigt. Von den 100 Milliarden, um die es ging, wollte Argentinien 30 Milliarden zurückzahlen. Immerhin etwas, dachten sich über 90 Prozent dieser Gläubiger und stimmten dem zu. Ein paar Gläubiger – zugegebenermaßen sehr Reiche, große Hedgefonds – hatten dem eben nicht zugestimmt.
… und die wollen jetzt ihr Geld wieder sehen?
So ist es. Argentinien sagt: da gab es ein geregeltes Verfahren, über 90% der Gläubiger haben dem zugestimmt. Es könne jetzt nicht ein Prozent der Gläubiger kommen und das torpedieren. Amerikanische Gerichte aber sagten: doch, diese Fonds haben einen Anspruch.
Und so ist Argentinien dazu verurteilt worden, 1.1 Milliaren Euro an diese Fonds zu zahlen. Und mehr noch: das Urteil sagt, dass Argentinien auch andere Schulden aus diesem Schuldenschnitt erst zurückzahlen darf, wenn auch diese Schulden bei den Fonds getilgt sind. Die Frist für diese Rückzahlungen läuft jedenfalls heute ab.
Die Frist zur Rückzahlung läuft ab – was bedeutet das?
Danach tritt ein sogenannter „technischer Zahlungsausfall“ ein. Wenn man so will, eine indirekte Zahlungs-Unfähigkeit. Weil wegen dieses Urteils sind ja auch andere Zahlungen blockiert. Selbst wenn Argentinien anderen Gläubigern was zahlen wwollte – das Urteil sagt ja, dass sie das erst dürfen, wenn diese klagenden Fonds ihr Geld bekommen.
Mit anderen Worten: ab heute kann Argentinien keine Zahlungen mehr leisten?
Ganz so hart kommts nicht. Die Regelungen sehen vor, dass jetzt noch 30 Tage „Gnadenfrist“ laufen. Aber so ganz ohne ist das für Argentinien auch nicht. Argentinische Schiffe, die in fremden Häfen liegen, könnten dort jederzeit gepfändet werden. Oder die Präsidentin Kirchner, die musste schon Flugzeuge anmieten wenn sie in andere Staaten fliegen wollte – weil ihre eigene Präsidentenmaschine dort gepfändet worden wäre.
Die argentinische Zentralbank hat jetzt erstmal über 800 Millionen Dollar auf amerikanischen Konten hinterlegt. Die sind für Zinszahlungen an Anleihehalter – die will man also zahlen. Überhaupt betont Argentinien die ganze Zeit, man wolle durchaus den Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Nur ist das ja eigentlich durch das Urteil verboten – weil hier andere Gläubiger bedient werden, bevor diese klagenden Fonds ihr Geld wieder haben. Juristische Optionen gibt’s jedenfalls keine mehr. Der Soupreme Court hat die Berufung abgewiesen.
Könnte es denn sein, dass Argentinien pokert – und es auf eine Staatspleite anlegt?
Klingt abstrus, kann aber sein. Es gibt eine Klausel, die RUFO-Klausel (Right Upon Future Offers). Die verpflichtet Argentinien, wenn man sich mit den Hedgefonds einigt, muss man auch anderen Gläubigern die Zahlungen aufbessern. Die gilt aber nur noch dieses Jahr. Es kann also sein, dass man den Bankrott eingeht, um sich Zeit zu verschaffen und danach diese Klausel los zu sein.
Und das hätte so gar keine negativen Folgen für Argentinien?
Zunächst mal gehen alle davon aus, dass weiter verhandelt wird. Aber für Argentinien steht durchaus viel auf dem Spiel. Erstens will das Land will ja Regionalmacht sein – ein glaubwürdiger Ansprechpartner in Südamerika. Diese Glaubwürdigkeit wäre dann natürlich dahin.
Zweitens wäre auch der Anreiz für Investoren dahin. Ecuador ist gleich nebenan, wird zwar von einem Linkspopulisten regiert – macht aber eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. Und wurde so ein bisschen zum neuen Investorenliebling. Kolumbien hat ebenfalls gute Wachstumszahlen.
Und drittens kann sich Argentinien das vermutlich auch wegen seiner heimischen Wirtschaft nicht leisten. Dort herrscht eine starke Inflation, hinzu kommt eine Dollar-Knappheit – die Wirtschaft des Landes ist ohnehin schon in der Rezession. Für diese Wirtschaft wäre ein Staatsbankrott endgültig der Abwürger.
Und natürlich drohen bei einem BankroAnzeige der Republik Argentinien – 30.06.2014 Anzeige der Republik Argentinien – 24.06.2014tt weitere Abstufungen durch Rating-Agenturen. Sich Geld zu besorgen, würde damit für Argentinien noch schwerer.
Warum hat denn Argentinien nicht einfach gezahlt?
Man befürchtet einen Domino-Effekt. Da gibt es ja auch andere Gläubiger, und auch die könnten mit Milliardenforderungen kommen. Außerdem hat das Ganze für Argentinien eine politische Dimension – oder zumindest versucht Argentinien, das Ganze so zu inszenieren.
Für Argentinien ist es nicht einfach ein Streit gegen ein paar Hegdefonds, sondern ein Kampf Lateinamerika gegen die USA und den Turbo-Kapitalismus. Deswegen erhält Argentinien auch viel Unterstützung auf dem meist links regierten Kontinent. Hegdefonds gelten dort als der Inbegriff des Bösen, des kalten Kapitalismus, sie gelten als Geier.
Die Bundesregierung jedenfalls hat vorsorglich schonmal davor gewarnt. Man erwarte, heißt es, dass Argentinien seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber Deutschland weiter bedient. Mal sehen, ob das so kommt.