Vor dreißig Jahren verdienten die reichsten 10 Prozent der deutschen Bevölkerung noch fünf mal so viel, wie die ärmsten 10 Prozent. Heute ist es fast das Siebenfache. Damit ist die Einkommenskluft zwischen Arm und Reich in Deutschland deutlich größer als in vielen skandinavischen Ländern. Aber auch einige osteuropäische Länder haben die Nase vorn. Zu diesem Schluss kommt eine OECD-Studie.
Einkommensunterschiede hemmen Wachstum
Auch in anderen Bereichen sieht die OECD Nachholbedarf für Deutschland: Geringverdiener konnten kaum vom Wirtschaftsaufschwung profitieren. Sie laufen Gefahr, abgehängt zu werden, warnt die OECD: Bei einer großen Einkommenskluft investiere der ärmere Teil der Bevölkerung weniger in Aus- und Fortbildung. Nicht nur die Arbeitnehmer laufen dann Gefahr, sozial isoliert zu werden – auch die Wirtschaft büst langfristig an Wachstum ein.
Weniger reguläre Jobs
Der Sozialbericht zeigt außerdem: Nahezu 40% der deutschen Arbeitnehmer befinden sich in atypischer Beschäftigungen. Darunter fallen laut Definition der OECD alle Beschäftigungen, die nicht in Vollzeit oder Festanstellung sind. Die Zahl der atypischen (und meist prekären) Beschäftigungsverhältnisse liegt damit in Deutschland deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Und: mehr als zwei Drittel der Menschen dort sind Frauen.
Das ist sicher eine Entwicklung die zu Besorgnis Anlass gibt, weil das auch eine Verstärkung der sozialen Ungleichheit bedeutet. (Thomas Rhein)
Die Lösung: Reichensteuer?
Die OECD schlägt eine bessere Umverteilung durch Besteuerung vor. Davon wären vor allem Reiche oder Immobilienbesitzer betroffen. Außerdem fordert sie dazu auf, Frauen den Zugang zu Vollzeitbeschäftigungen zu erleichtern.
Welche Folgen hat der Einkommensunterschied auf die deutsche Wirtschaft und Arbeitnehmer? detektor.fm-Moderatorin Jennifer Stange hat mit Thomas Rhein vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung darüber gesprochen.
Redaktion: Mona Ruzicka