Natürliche Rohstoffe erhöhen die Einnahmen und machen die Wirtschaft unabhängiger von Importen.
So weit, so schlüssig: lange Zeit galt es so auch als Konsens, dass Rohstoffe einem Land helfen, sich zu entwickeln.
Die vielen Seiten des Ressourcenfluchs:
Gewalt, Korruption, Arbeitsplatzverlust
Diese Sichtweise hat sich aber inzwischen ein wenig verändert.
Ressourcenreichtum kann auch zu politischer Korruption führen, gewaltsame Konflikte auslösen und schädlich für den Arbeitsmarkt sein.
Ob sich die Rohstofferlöse positiv oder negativ auswirken, hängt davon ab, wie sie investiert werden. Durch Bildungs- und Infrastrukturausgaben kann sich auch eine rohstoffreiche Wirtschaft gut entwickeln.
Die Auswirkungen und Hintergründe des Ressourcenfluchs erklären Merin Abbass und Hannes Meißner in einem Beitrag von Stephan Siepe.
Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß beim Ressourcenfluch, sondern es gibt Länder in denen Ressourcenreichtum ganz schädigende Wirkungen hat und andere in denen es positive Wirkungen hat. – Hannes Meißner
Der Beitrag zum Mitlesen:
Ressourcenfluch – so nennt man das Phänomen, wenn Länder unter ihrem Rohstoffreichtum leiden. Denn die hohen Einnahmen daraus können Korruption fördern, die heimische Wirtschaft schwächen und letzten Endes so sogar autoritäre Regime entstehen lassen.
Ob ein Land seine natürlichen Reichtümer gut nutzen kann oder nicht, hängt vor allem von seinen politischen Institutionen ab. Hannes Meißner hat dazu geforscht und weiß:
Das Problem ist nämlich dann wenn die Institutionen, die Rahmenbedingungen, die politischen Rahmenbedingungen eines Landes schwach sind können die herrschenden Eliten die Ressourcen für die Verwirklichung ihrer Partikularinteressen nutzen, in sozio-ökonomischer Hinsicht kommt es in solchen Ländern in der Regel zu massiver Korruption.
Der Umgang mit Ressourcen hängt außerdem von den Unternehmen vor Ort ab. Rohstoffreichtum lockt internationale Großkonzerne an. Wenn diese nicht vor Schmiergeldern zurückscheuen, haben es korrupte Politiker besonders einfach.
Zudem verändern die hohen Rohstoffeinnahmen auch die Beziehungen zwischen Regierung und Bevölkerung, erklärt Merin Abbass vom Afrika-Referat der Friedrich-Ebert-Stiftung:
Durch die hohen Preise auf dem Weltmarkt für die Rohstoffe fließt ja sehr, sehr viel Geld in die Länder ein, das macht die Elite, die Regierung, die teilweise demokratisch ist, recht unabhängig von den Bürgern, sie macht sie finanziell unabhängig von den Bürgern und das heißt ja auch dass sie, die Regierung, den Bürgern gegenüber nicht rechenschaftspflichtig ist.
Doch die Weltmarktpreise wirken sich nicht nur auf die Politik aus. Auch die Wirtschaft wird hierdurch massiv beeinflusst. Sie ist den globalen Preisschwankungen ausgeliefert – worunter die Konjunktur des Landes dann leiden muss.
Ein weiteres Opfer von Rohstoffreichtum kann der Arbeitsmarkt sein, betont Merin Abbass:
Dass der ganze Rohstoffsektor nicht wirklich arbeitsintensiv ist, dass ist sehr kostenintensiv, was die Investitionen angeht, aber das ist nicht arbeitsintensiv, sie schafft keine Arbeitsplätze und deswegen hat die Mehrheit der Bevölkerung nichts von diesen Ressourcen die in diesem Land sind, sondern nur eine bestimmte Elite, die natürlich teilweise auch korrupt ist und das Geld in die eigene Tasche steckt.
Es stellt sich hier nun die Frage, wie all das verhindert werden kann. Wie können Ressourcen einem Land helfen? Hierfür muss zunächst vor allem das Geld sinnvoll investiert werden. Das heißt: eine möglichst vielfältige Wirtschaftsstruktur aufbauen. Und die Einnahmen in Bildung und Gesundheit anlegen. Merin Abbass nennt hierfür ein positives Beispiel:
Bekannt ist das Beispiel Botswana im südlichen Afrika. Botswana war vor der Unabhängigkeit in den Sechzigern eines der ärmsten Länder der Welt. Dann hat man Diamanten gefunden und der damalige Präsident hat das sehr weise gehandhabt. Er hat dafür gesorgt, dass das Land von einem der ärmsten Länder sich hin zu einem „middle income country“ entwickelt hat. Das heißt Botswana gehört nicht mehr zu den ärmsten Ländern der Welt und das ist dadurch erfolgt, dass man das ganze Ressourcenvorkommen so genutzt hat, dass das eingebrachte Geld auch wieder ins Land, ins Bildugungssystem, ins Gesundheitssystem reinvestiert wurde.
Das Beispiel Botswana zeigt, dass Länder nicht zwangsweise unter ihrem Rohstoffreichtum leiden müssen. In vielen Fällen haben die Einnahmen gemischte Effekte. So beispielsweise bei den arabischen Öl-Staaten. Einerseits gehören sie zu den wohlhabenden Nationen. Länder wie Saudi-Arabien und Katar beispielsweise haben ein hohes Brutto-Inlands-Produkt. Andererseits stabilisieren die Öl-Einnahmen aber auch die autoritäre Herrschaft im Land.
Dass die Auswirkungen des Rohstoffreichtums sehr vielseitig sind, betont auch Hannes Meißner.
Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß beim Ressourcenfluch, sondern es gibt Länder in denen Ressourcenreichtum ganz schädigende Wirkungen hat und andere in denen es positive Wirkungen hat und dann gibt es einen großen Graubereich zwischendrin wo, wo man das nicht so eindeutig sagen kann, aber die Grundtendenz, dass es negative Auswirkungen hat, die besteht natürlich.
Damit mehr Staaten von ihren Ressourcen profitieren, sind politische und wirtschaftliche Veränderungen notwendig. Helfen können hier vor allem drei Punkte: klare Regeln für Unternehmen, die Korruption verhindern sollen, eine strengere Kontrolle der internationalen Rohstoffmärkte und die konsequente Verfolgung korrupter Politiker.