Notaufnahme überlastet
In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Patienten in der Notaufnahme verdoppelt. In den Warteräumen gibt es zum Teil nicht mal mehr genügend Sitzplätze. Das bedeutet Stress, Überstunden und enormen Druck nicht nur für das Krankenhauspersonal. Immer wieder kommt es vor, dass frustrierte Patienten die Mitarbeiter in der Notaufnahme beleidigen.
Die Notaufnahme ist eigentlich nur für lebensbedrohliche Fälle vorgesehen, die umgehend versorgt werden müssen. Fast die Hälfte aller Patienten gehört eigentlich nicht dorthin und ist ein Fall für den Hausarzt. Doch diese schicken Patienten oft selbst unnötig in die Notaufnahme.
Die niedergelassenen Ärzte laufen unter einem Budget pro Patient. Ein Patient, der im Quartal schon ein, zweimal da war, löst keine neuen Vergütungen für sein nächstes Kommen aus. Also wird er schnell ins Krankenhaus verwiesen. – Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V.
Doch auch Arztpraxen sind von vollen Wartezimmern und fehlenden Kapazitäten betroffen und wollen sich auf diesem Weg etwas Luft verschaffen.
Geld für abgewiesene Patienten
Um die Notaufnahmen zu entlasten, ist am 1. April 2017 die sogenannte Abklärungspauschale eingeführt worden. Kommt ein Patient in die Notaufnahme, muss der Notarzt beurteilen, ob dieser ein Fall für die Notfallambulanz oder den Hausarzt ist. Überweist das Krankenhaus den Patienten an den Hausarzt, gibt es tagsüber ein Honorar von 4,74 Euro tagsüber und nachts 8,42 Euro. Basis des Urteils ist ein Gesetz.
Streitpunkt Erstversorgung
Diese Neuregelung sorgt für Unmut bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Sie sieht in der Kostenverteilung eine Benachteiligung der Krankenhäuser. Immerhin könnten niedergelassene Ärzte in vielen Fällen die Patienten selbst versorgen.
Der Verwaltungsvorgang plus das Arztgespräch kostet natürlich viel mehr als die zwei Minuten, die hier der Vergütungsregel zugrunde gelegt werden. – Georg Baum
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung kann die Kritik dagegen nicht nachvollziehen. Die Pauschale würde nicht bedeuten, dass die Erstversorgung von Patienten in einem starren zeitlichen Rahmen von zwei Minuten stattfinden muss.
Kaum jemand kennt ärztlichen Notdienst
Indes gibt es für Patienten mit starken Beschwerden noch eine Alternative zur Notaufnahme. Was viele nicht wissen: Unter der Nummer 116 117 werden Patienten direkt in die Bereitschaftspraxen in ihren Wohnorten verwiesen. Bei besonders schweren Fällen kommt der Bereitschaftsarzt auch nach Hause. Eine weitere Alternative sind Portalpraxen. In denen sollen niedergelassene Ärzte direkt am Krankenhaus Patienten versorgen.
Über das Problem von überfüllten Notaufnahmen und warum die „Abklärungspauschale“ die Krankenhäuser belastet, hat detektor.fm-Moderatorin Sara Steinert mit Georg Baum gesprochen. Er ist Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V.
Redaktion: Charlotte Glück