Mit 89 km/h gut dabei
Thomas Busch ist gut gelaunt: Sein Zug im Güterverkehr rollt. Mit 89 km/h Stunde rattern die 1610 Tonnen Güterzug über die Schiene, bis kurz vor Remagen. Dort muss der Zug plötzlich anhalten – weil er die Grenze zwischen dem Fahrplan der DB-Geschäftsregion Nord und dem Fahrplan Mitte überschritten hat. Die „Grenzüberquerung“ ist mitten in Rheinland-Pfalz, und der Anschlussplan ist einfach nicht rechtzeitig fertig geworden.
Wir waren seit fünf Stunden unterwegs, und dann hält der Zug an, weil der Zug „übergeben“ werden muss, in einen neuen Fahrplan. Das fand ich schon komisch. – Christian Schlesiger, WirtschaftsWoche
Im Anschluss an eine Stunde Stillstand fährt der Zug dann doch noch mal los – aber nur kurz. Er muss wieder anhalten, denn Zugführer Busch empfängt seine „Befehle“, denn wenn ein Zugführer neue Informationen zu seiner Strecke bekommt, dann muss er dafür anhalten und aussteigen.
Der Zugführer hat immer drei Aktenordner mit Formular-Vordrucken dabei, auf einem steht tatsächlich „Befehle“, und da schreibt er dann auf, ab welchem Kilometer er statt mit 90 km/h mit 50 km/h fahren soll. – Christian Schlesiger, WirtschaftsWoche
Nach mehrmaligem Rückversicherung, ob die „Befehle“ auch korrekt übermittelt wurden, geht es für Zugführer Busch und Christian Schlesiger dann weiter richtig Österreich. Man hat das Gefühl, dass die Infrastruktur im Güterzugverkehr in Deutschland einige Jahrzehnte hinterherhinkt.
Es gibt aber noch andere Probleme
Der Güterverkehr auf der Schiene ist in Deutschland seid den 50iger Jahren stark zurückgegangen – statt 50 % aller Güter wie damals werden heute nur rund 18 % auf die Schiene gebracht. Mit der Folge, das Autobahnen wegen LKWs verstopfen und viel mehr Schadstoffe ausgestoßen werden als notwendig. In anderen Ländern hat der Güterzugverkehr eine ganz andere Tradition und Stellenwert. In der Schweiz zum Beispiel steht die Priorisierung von Zugverkehr quasi in der Verfassung.
Das hat natürlich auch die Konsequenz, dass viel mehr Geld in der Schweiz investiert wird. In Deutschland fehlt viel Geld für mehr Trassen. – Christian Schlesiger, WirtschaftsWoche
Der Anfang im Güterverkehr wär ein Tablet
Zugführer Busch wäre für den Anfang mit einem Tablet für seine Arbeit glücklich, dann müsste er nicht ständig den Zug anhalten, um neue „Befehle“ zu erhalten. Zumindest das wäre ja ein realistisches Ziel für die nächste Jahre.
Mehr von seiner Reise mit einem Güterzug nach Österreich und über Probleme, mit denen der Güterzugverkehr in Deutschland zu kämpfen hat, berichtet Christian Schlesiger von der WirtschaftsWoche im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Nico van Capelle.