Dem Westen gehen Spermien aus
Bei Männern mit westlichem Lebensstil sinkt im Ejakulat die Konzentration der Spermien. Das zeigt zumindest eine Studie von Medizinern aus Jerusalem und New York, die die Entwicklung der Spermienkonzentration von 1973 bis 2011 untersucht hat.
Die Ergebnisse der im Fachmagazin Human Reproduction Update veröffentlichten Metastudie sprechen eine deutliche Sprache: Im Zeitraum von fast 40 Jahren ist die Konzentration von Spermien pro Milliliter Sperma um 52,4 Prozent gesunken, die Konzentration pro Samenerguss sogar um 59,3 Prozent. Von diesen Zahlen betroffen sind Männer aus Europa, Nordamerika, Australien und Neuseeland, also Gebieten mit einem eher westlichen Lebensstil. Bei Männern aus anderen Weltregionen war kein Trend zum Rückgang der Spermien zu erkennen.
Ursachen liegen auch in den Lebensumständen. Dazu gehören Umwelt, Ernährung, aber auch Wärmeeinflüsse, wie sie durch zu eng anliegende Unterhosen zustande kommen können. – Andreas Meinhardt, Arbeitsgruppe Reproduktionsbiologie der Universität Gießen
Es liegt also nahe, dass die westliche Lebensweise einen negativen Einfluss auf die Produktion von Spermien hat.
Qualität vor Quantität?
Momentan ist das nach Einschätzung der Wissenschaftler nicht unbedingt ein Grund zur Sorge: Denn für die Fruchtbarkeit des Mannes ist die Spermienkonzentration im Sperma nicht allein ausschlaggebend. Auch die Beweglichkeit der Spermien sowie ihre Funktionsfähigkeit sind entscheidend. Kritisch wird es dann, wenn die Spermienanzahl im Milliliter Ejakulat 15 Millionen unterschreitet. Mit durchschnittlich 47 Millionen Spermien pro Mililiter liegen auch die Männer aus den westlichen Industrienationen noch deutlich darüber.
Der Trend zeigt ganz linear nach unten. In zehn bis zwanzig Jahren kommt man in die Bereiche, die für eine erfolgreiche Fortpflanzung kritisch werden. – Andreas Meinhardt
Beunruhigend ist, dass die Studie einen über Jahrzehnte anhaltenden Trend beschreibt. Was bedeutet es für die männliche Fruchtbarkeit, wenn die Konzentration im Ejakulat weiter sinkt? Diese und weitere Fragen hat Andreas Meinhardt von der Arbeitsgruppe Reproduktionsbiologie der Universität Gießen im Interview mit detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer beantwortet.
Redaktion: Hanna Gerwig