Zwei Personen können dasselbe betrachten und doch Unterschiedliches sehen. So ist das auch mit Tanja Michalsky und ihrem Blick auf die Stadt. Die Kunsthistorikerin an der Bibliotheca Hertziana, dem Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte in Rom, „liest“ urbane Räume etwas anders als beispielweise Architektinnen oder Bauleiter.
Michalsky erforscht Städte, indem sie Karten, Stadtpläne oder Beschreibungen in historischen Reiseführern analysiert. Dabei interessiert sie zum Beispiel, wie sich Macht im Stadtbild zeigt, wo also Hauptachsen angelegt wurden, die zu einem großen Platz führen. Dort hatte der Herrscher einen Überblick über die Menge und konnte Aufmärsche veranstalten.
Damit einher geht die Frage, wer überhaupt wohin darf: Welche Plätze sind öffentlich, welche privat und wie ändert sich das über die Zeit?
Das Beispiel Neapel
Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist das historische Neapel. Auf Karten sei hier noch das antike Raster der Stadt genau auszumachen – und damit auch, was später hinzugefügt wurde: Plätze, die als Machtdemonstration angelegt wurden genauso wie kleinere Gassen, die historisch gewachsen sind.
Mit ihrer Forschungsgruppe stellt Michalsky ein digitales Archiv mit Karten zum historischen Neapel zusammen. Und warum Neapel? Der Schwerpunkt habe sich eher durch Zufall ergeben – Michalsky sei bei einer Reise überwältigt gewesen von Licht und Lage Neapels. Als „ein Paradies, von Teufeln bewohnt“, wurde es einmal beschrieben. Das, findet Michalsky, werde der Stadt, die vom Spätmittelalter bis ins 18. Jahrhundert eine der größten Europas gewesen ist, nicht gerecht.
Lara-Lena Gödde von detektor.fm spricht mit der Kunsthistorikerin Tanja Michalsky über die historisch gewachsene Stadt, ihren Forschungsschwerpunkt Neapel und darüber, was sie vom Humboldt Forum im neu aufgebauten Berliner Stadtschloss hält.