Es gibt Grund zur Sorge, großen Grund: Antibiotika-resistente Keime. Das zumindest behauptet eine Studie der britischen Regierung, die 2014 veröffentlicht wurde. Ein Team von Infektionsforschern hat das jetzt genauer untersucht – und die Erhebung als unwissenschaftlich eingestuft.
Endgegner Antibiotika-Resistenz?
Für die Gruppe um die Forscherin Marlieke de Kraker vom Universitäts-Klinikum in Genf haben sich drei essenzielle Fehler in der Studie aus Großbritannien herauskristallisiert.
Beginnend bei unzureichenden Untersuchungsdaten: die britische Regierung beruft sich allein auf Zahlen des europaweiten Netzwerks EARS, indem resistente Keime gemeldet werden. Das Netzwerk allerdings umfasst vor allem große Krankenhäuser – also solche, in denen überdurchschnittlich viele Fälle schwerer Infektionen behandelt werden. Diese Fälle entsprächen aber kaum dem weltweiten Maßstab, die Daten sind damit nicht repräsentativ genug.
Den zweiten Fehler sehen die Forscher darin, dass individuelle Patientenprofile außer Acht gelassen wurden. Denn je älter ein Mensch, desto größer ist die Häufigkeit, mit der er in seinem Leben mit Antibiotika behandelt wurde. Und desto wahrscheinlicher trägt er auch resistente Keime in sich. Die Nicht-Beachtung dieser Faktoren führt zu verfälschten Ergebnissen für die Sterberate durch Antibiotika-resistente Erreger.
Maßlos übertrieben?
Das dritte Problem liegt in der Prognose für die Zukunft. Die britische Studie geht von einer deutlichen Steigerung der Resistenzen um 40 Prozentpunkte aus. Das allerdings halten die Infektionsforscher für schwer nachvollziehbar. Zumal in der Untersuchung aus Groß-Britannien die Entwicklung der Medizin bis zum Jahre 2050 nicht berücksichtigt wurde. Die Hygiene entwickelt sich weltweit immer mehr. Trotzdem gehen die Autoren der Studie von einer gleichbleibenden Sterberate aus. Auch da sieht das Genfer Untersuchungsteam wissenschaftliche Lücken.
Können wir jetzt also aufatmen oder wäre es doch ratsam, bis 2050 sein Testament zu verfassen? detektor.fm– Moderatorin Maja Fiedler hat mit Hristio Boytchev vom gemeinnützigen Recherchezentrum correctiv.org gesprochen.
Redaktion: Birthe Kleemann