Spurensuche im Raum
Forensik – das ist Aufgabe der Polizei und damit des Staates. Aber was, wenn der Staat selbst in die Verbrechen verwickelt ist? Dann braucht es eine alternative Form der Forensik – eine, die nicht in den Händen des Staates liegt, findet der israelische Architekt und Aktivist Eyal Weizman. Deshalb hat er 2010 „Forensic Architecture“ gegründet: Ein Kollektiv, das zu staatlicher Gewalt und Menschenrechtsverletzungen ermittelt und dafür Methoden aus der Architektur nutzt. Denn: Gewalt hinterlässt Spuren im bebauten Raum – und die lassen sich besonders gut von Architekten und Architektinnen untersuchen.
Unterstützt werden sie dabei von Wissenschaftlerinnen, Kunstschaffenden, Journalistinnen und Software-Entwicklern. Um zu rekonstruieren, was in einem bestimmten Raum passiert ist, fertigen sie zum Beispiel 3D-Modelle von Tatorten an oder untersuchen Satellitenaufnahmen.
Kunst als juristisches Beweismittel
Die Recherchen und Videoinstallationen von „Forensic Architecture“ werden in Ausstellungen und Museen gezeigt. Gleichzeitig dienen sie aber auch als Beweismaterial vor Gericht, etwa in einem Prozess gegen die griechische Neonazi-Partei „Golden Dawn“. Die Arbeiten der Gruppe sind also in der Kunstwelt und im Gerichtsaal zugleich präsent. Das sorgt immer mal wieder für Skepsis und wirft Fragen auf. Zum Beispiel danach, wie juristisch wirksam künstlerische Interventionen tatsächlich sein können.
Wie genau das Team von „Forensic Architecture“ arbeitet und warum es die klassische Forensik kritisch sieht, darüber hat detektor.fm-Redakteurin Alea Rentmeister mit der Architektin und Forschungskoordinatorin des Berliner Büros von „Forensic Architecture“ Dimitra Andritsou gesprochen. Von ihren Recherchen berichtet sie detektor.fm-Moderatorin Amelie Berboth in der neuen Folge des Forschungsquartetts.