Auf dem Weg in eine Fruchtbarkeitskrise?
Fast jedes zehnte Paar in Deutschland mit Kinderwunsch kann auf natürlichem Weg kein Kind zeugen. Ein Grund dafür könnte es sein, dass Männer scheinbar immer unfruchtbarer werden. Das geht aus mehreren großangelegten Studien hervor, in denen Forschende die Anzahl der Spermien im männlichen Ejakulat untersucht haben. Das Ergebnis: Die Spermienkonzentration pro Milliliter Samenflüssigkeit ist durchschnittlich um 52 Prozent zurückgegangen. Dieser Rückgang betrifft insbesondere Männer aus Industrieländern in Europa und Nordamerika.
Nicht nur die Anzahl der Spermien verringert sich kontinuierlich, auch ihre Qualität sinkt immer weiter. Diese bemisst sich daran, ob die Spermien überhaupt lebendig sind und außerdem an Faktoren wie der Geschwindigkeit, Beweglichkeit und der Form der Spermien. In Analysen der Samenflüssigkeit, sogenannten Spermiogrammen, ist immer häufiger irgendetwas nicht in Ordnung. Einer der Autoren einer internationalen Überblicksstudie warnt deshalb sogar davor, dass dadurch auf lange Sicht das Überleben der Menschheit gefährdet sein könnte.
Gründe für Zeugungsunfähigkeit meist unklar
Nur bei etwa jedem dritten zeugungsunfähigen Mann können eindeutige Gründe dafür festgestellt werden — zum Beispiel eine Hodenentzündung oder ein Hodenhochstand. Doch in den meisten Fällen kann nicht abschließend geklärt werden, worin die Zeugungsunfähigkeit genau begründet liegt. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass beispielsweise Rauchen und Übergewicht die Spermienanzahl und -qualität negativ beeinflussen. Im Verdacht stehen außerdem Schwermetalle, Pestizide, bestimmte Medikamente und Kosmetika sowie hormonell wirkende Weichmacher, die in sehr vielen Plastikprodukten enthalten sind. Auch Stress wird immer öfter als ein gewichtiger Negativeinfluss untersucht.
Droht uns in Zukunft eine Fruchtbarkeitskrise und gefährdet sie den Fortbestand der Menschheit? Und was sagt es über die reproduktive Gesundheit von Männern aus, wenn sie immer weniger Spermien produzieren? Damit befasst sich das medizinische Teilgebiet der Andrologie und Oberärztin Dr. med. Andrea Salzbrunn, die am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) die Abteilung für Andrologie leitet. detektor.fm-Redakteur Oliver Haupt hat mit ihr gesprochen und was er dabei herausgefunden hat, erzählt er detektor.fm-Moderatorin Sara-Marie Plekat im neuen Forschungsquartett.
Behandlungs-, Beratungs- und (auch psychosoziale) Unterstützungsangebote bei einem unerfüllten Kinderwunsch können zum Beispiel im Informationsportal Kinderwunsch des Bundesfamilienministeriums gefunden werden.