Wir haben uns viele Kniffe ausgedacht, um Schweißgeruch und Schweißflecken zu minimieren.
Dabei wäre es eigentlich mal an der Zeit, den Schweiß zu loben.
Ein neues Forschungsprojekt der Fraunhofer-Einrichtung für marine Biotechnologie könnte Gründe dafür bieten:
Die Wissenschaftler entdeckten, dass sich aus Schweißdrüsen Stammzellen gewinnen lassen, die die Wundheilung positiv beeinflussen.
Matthias Brandenburger von der Fraunhofer-Einrichtung, schätzt, dass diese Art von Wundheilung in zehn Jahren auch in Kliniken angewendet wird.
Mit Schweißdrüsen Wunden heilen – detektor.fm-Redakteur Max Heeke erklärt, wie das funktionieren soll.
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Das Skript zum Nachlesen
Ich möchte dich zum Schwitzen bringen, singt Snoop Dogg in diesem Lied. Die Gründe für sein Interesse am Schweiß lassen wir hier mal außen vor gestellt.
Sicherlich interessiert ihn aber nicht dasselbe, was Forscher der Fraunhofer Einrichtung für marine Biotechnologie am Schweiß begeistert.
Den Wissenschaftlern geht es auch ehrlicherweise nicht um den Schweiß selbst, sondern um die Schweißdrüsen. Aus den Schweißdrüsen lassen sich nämlich Stammzellen gewinnen.
Stammzellen wiederum werden in der Medizin genutzt, um neues Gewebe zu erzeugen.
Bisher war es aber gar nicht so einfach an die Stammzellen zu gelangen, wie Matthias Brandenburger von der Fraunhofer Einrichtung für marine Biotechnologie erklärt:
Anfangs wurden ja Stammzellen aus der Bauchspeicheldrüse isoliert, dann auch aus der Speicheldrüse. Es ist aber so, dass man da, um diese Stammzellen zu isolieren, größere Eingriffe bräuchte und bei den Schweißdrüsen ist der große Vorteil, dass man die aus der Hautbiopsie isolieren kann und das ist ein Verfahren, das für den Patienten keinen großen Schaden mit sich bringt, das ist eine kleine Wunde; die heilt relativ schnell wieder zu. – Matthias Brandenburger
Man schneidet also ein millimeter kleines Stück Haut aus der Achselhöhle und näht die Wunder wieder zu.
Aus der so gewonnenen Haut werden die Schweißdrüsen isoliert und in ein Nährmedium gegeben. Innerhalb weniger Tage wachsen um die Drüsen herum Stammzellen.
Aus Stammzellen können alle möglichen Arten von Zelltypen entstehen: unter anderem Nerven- und Muskelzellen. Matthias Brandenburger kennt noch ein weiteres Anwendungsgebiet von Stammzellen:
Zum Beispiel haben wir im Bereich Hautwundheilung zeigen können, dass die Stammzellen dort einen großen Effekt haben. Also jetzt in der Präklinik: Da haben wir mit Hauttestsystemen zeigen können, dass dort die Wundheilung wesentlich stärker vonstatten geht als ohne Stammzellen. Die Zellen, die schütten Botenstoffe aus, und mit diesen Botenstoffen locken die Blutgefäße an. Und das ist ein Problem bei chronischen Wunden, dass die Blutversorgung unterbunden ist. Und das ist zum Beispiel ein direkter Wirkmechanismus.
Nun kann man die Stammzellen aber nicht einfach in eine Wunde legen und abwarten, was passiert.
Sie müssen an einem Trägermaterial befestigt werden, dem so genannten Collagen. Collagen ist ein Eiweiß, das in unseren Knochen, Knorpeln, Sehnen und Zähnen vorkommt.
Bei Wunden fließt je nach Größe bekanntlich unterschiedlich viel Blut. Das Collagen schützt nun die Stammzellen davor, von den Blutkörperchen einfach weggeschwemmt zu werden.
Die Forscher konnten den Nutzen von Stammzellen aus Schweißdrüsen präklinisch feststellen.
Bis zur praktischen Anwendung bei Verletzungen und frischen Wunden kann es aber noch einige Jahre dauern.
Zum Einen ist das Verfahren noch sehr teuer. Außerdem müssen die in der Medizin üblichen Hürden überwunden werden, bis die Stammzellen zum Einsatz kommen.
Matthias Brandenburger rechnet in etwa 10 Jahren damit.
Dann sollen Patienten in die Lage gebracht werden, ihre Stammzellen bei Bedarf abzurufen:
Wenn man gerade mal einen Unfall hat oder zu einer Risikogruppe gehört, möchte man nicht erst mal seine Stammzellen hergeben und die hochziehen lassen, sondern man braucht das ja schneller. Da ist jetzt halt die Idee, eine Bank anzulegen, wo dann vitale Zellen eingefroren werden und dann für Patienten auch nach 20 Jahren wieder verfügbar sind, sodass sie bei Bedarf diese Zellen auftauen lassen können und für verschiedene Zwecke anwenden lassen können. Je nachdem was für eine Erkrankung vorliegt. – Matthias Brandenburger
Stammzellen aus körpereigenen Schweißdrüsen könnten also in Zukunft unsere Wunden heilen.
Ein Heilmittel gegen übermäßgen Schweißgeruch bei Mitmenschen haben die Forscher der Fraunhofer-Einrichtung allerdings noch nicht gefunden.
Da hilft bislang nur eins:
Nase zu, und durch.