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Cicero-Statue vor dem Justizpalast in Rom. Foto: Cris Foto/shutterstock
Bild: Cicero-Statue vor dem Justizpalast in Rom. Foto: Cris Foto | shutterstock.com

Forschungsquartett | Kulturgeschichte der Beleidigung

Du abgeschabter Hering!

Hatespeech hat es auch schon im alten Rom gegeben, dort galt das virtuose Schimpfen sogar als Kunstform. Der Altphilologe Dennis Pausch hat ein Buch über die antike Kunst der Beleidigung geschrieben.

Antiker Battlerap

Die Kunst der Beleidigung will gelernt sein. In den antiken Rhetorikschulen wurden deshalb nicht nur Lobreden, sondern auch der ausgefeilte Tadel trainiert. Der einflussreiche Rhetoriklehrer Quintilian empfahl seinen Schülern solche Übungen als sogenannte Progymnasmata – ein Begriff, der aus dem Sport stammt und eine Art Warm-up vor dem Wettkampf bezeichnet. Denn wer sich in der Römischen Republik auf die politische Bühne wagte, musste Spott aushalten und im Zweifel auch selbst austeilen können.

Die Fähigkeit zur kunstvollen Beleidigung war aber nicht nur in der Politik gefragt. In literarischen Texten galt es als Beweis der Virtuosität, Beleidigungen kunstvoll miteinander zu verknüpfen. So setzte der antike Komödiendichter Plautus den Held seiner Komödie „Poenulus“ gleich einer ganzen Flut an Beleidigungen aus: „Du abgeschabter Hering, du persischer Mantel voller Flecken, du sardischer Schafspelz, du Fass voller Salz, du weiche Olive, du bist mit mehr Lauch und Knoblauch vollgestopft als römische Ruderknechte!“

Eine schmähsüchtige Stadt

Angesichts dieser kaum verhohlenen Freude am virtuosen Hatespeech war der berühmteste römische Redner Cicero überzeugt, in „tam maledica civitate“ zu leben – in einer schmähsüchtigen Stadt. Am rauen Umgangston im antiken Rom war er allerdings nicht ganz unschuldig. Schließlich war Cicero selbst ein berüchtigter Schmähredner, der einen politischen Gegner schon mal als „schwarzes Nichts“, als „Stück Kot“ oder „Schandfleck“ bezeichnete. Doch ein derber Ton war womöglich nicht nur unter Feinden, sondern auch unter Freunden verbreitet.

Es könnte eine Form von Beleidigung gegeben haben, wie wir sie heute aus dem privaten Umfeld kennen: Dass ein rauer Umgangston, wenn man sich schon sehr lange kennt, zum Ausweis und Beweis dieser Vertrautheit wird. Es gibt eine ganze Reihe von Beispielen, wo diese integrative Funktion von Beleidigungen bei antiken Texten wahrscheinlich ist.

Prof. Dennis Pausch, Altphilologe an der TU Dresden

Prof. Dennis Pausch, Altphilologe an der TU DresdenFoto: Robert Jentzsch | rjphoto.de

Dennis Pausch ist Professor für Klassische Philologie und Latein an der Technischen Universität Dresden. Er hat die kunstvollsten Beleidigungen der Antike in seinem Buch „Virtuose Niedertracht“ gesammelt. Im Podcast verrät er detektor.fm-Redakteurin Charlotte Thielmann, warum wir die Antike allzu brav in Erinnerung haben und ob das kunstvolle Beleidigen heute auch noch zur Schulausbildung gehören sollte.

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