Wachstumskurven sind in der Regel dann beruhigend, wenn sie steil nach oben zeigen. Beginnt die Kurve abzuflachen, kann das ein Hinweis darauf sein, dass die goldenen Zeiten vorbei sind. Dann gibt es zwar noch immer Wachstum, nur nicht mehr ganz so schnell. Genau dieser Umstand trifft auf die globale Entwicklung der meisten Grundnahrungsmittel zu. Das haben Forscher am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UfZ) herausgefunden.
Der Punkt des größten Wachstums ist für viele Grundnahrungsmittel überschritten
Wissenschaftler am Department für Landschaftsökologie am UfZ haben dazu die globalen Wachstumsraten der wichtigsten Grundnahrungsmittel und Rohstoffe wie Dünger oder Holz über einen längeren Zeitraum untersucht. Dabei ist ihnen aufgefallen, dass die meisten dieser Ressourcen den Punkt des größten Wachstums bereits überschritten haben. Diese von den Forschern als Peak-Years bezeichneten Jahre fallen zudem zeitlich für die meisten Ressourcen in einem engen Zeitraum zusammen: etwa um das Jahr 2006. Die Forscher um Prof. Ralf Seppelt sehen darin einen Anlass, über unseren Umgang mit Ressourcen nachzudenken.
Ertragslücken gibt es weltweit aber noch immer. Als Ertragslücke bezeichnen die Forscher die Differenz zwischen dem tatsächlichen Ertrag in einer Region und dem, was dort klimatisch maximal erwartbar wäre. So gibt es etwa in der Ukraine oder in Afrika Regionen, die ein ähnliches Klima wie Mitteleuropa aufweisen. Dort liegen die Erträge für die gleichen Nahrungsmittel aber weit unter dem europäischen Schnitt. Die Herausforderung besteht darin, diese Lücken zu schließen. Das lässt sich jedoch nicht dadurch erreichen, dass die dortige Landwirtschaft der europäischen angeglichen wird. Denn viele soziale und ökonomische Faktoren lassen sich nicht einfach durch neue Erntemaschinen oder neuen Dünger lösen.
Ertragssteigerungen brauchen lokale Strategien – in einem globalen Rahmen
Die Forscher am Umweltforschungszentrum gehen deshalb gerne ins Detail. Dazu kooperieren sie mit zahlreichen lokalen Forschergruppen. Gemeinsam mit diesen versuchen sie, individuell angepasste Strategien zu entwickeln und Wissen aus anderen Regionen übertragbar zu machen, sie an die Faktoren vor Ort anzugleichen. Ein wichtiges Werkzeug in diesem Zusammenhang stellen Karten dar, die vom UfZ entwickelt werden. Auf diesen Karten werden Regionen nach verschiedenen Faktoren zu Archetypen zusammengefasst. Damit lässt sich besser verstehen und auch leichter erkennen, welche Regionen sich tatsächlich ähneln und in welchen sich wieder ganz andere Herausforderungen stellen.
Ertragssteigerungen sind aber nicht der einzige Weg, mit zukünftiger Knappheit umzugehen. Denn die meisten Lebensmittel weltweit werden weggeworfen. Das betrifft aber nicht nur die reichen Industrienationen. Auch in ärmeren Ländern verderben viele Lebensmittel auf dem Weg zum Konsumenten. Dort fehlt oft die Infrastruktur für Transport und Lagerung.
Wir produzieren heute pro Mensch weltweit 5.000 Kilokalorien am Tag. Das heißt, theoretisch bräuchte kein Mensch Hunger leiden. – Ralf Seppelt, UfZ
Wichtig für eine nachhaltige Welternährung hält Ralf Seppelt aber vor allem die Verteilung der Ressourcen zur Nahrungsproduktion und Ressourcenproduktion. Denn industrielle Landwirtschaft ist zwar produktiv, aber auch extrem teuer. Es wäre eine Herausforderung für die Weltgemeinschaft, die Mittel so zu verteilen, dass insgesamt am meisten Menschen ausreichend ernährt werden können. Das heißt nicht unbedingt, einfach viel zu produzieren. Oft wäre es vermutlich effizienter, die Nahrungsmittel dort zu produzieren, wo sie auch gebraucht werden.
Eine gute Nachricht haben die Forscher vom UfZ aber jetzt schon auf Lager: Das Wachstum bei den erneuerbaren Energien steigt weiterhin.
Redaktion: Mike Sattler