Lügen braucht Einfühlungsvermögen
Lügen ist gar nicht so einfach. Es braucht schon eine Menge Phantasie, um komplexere Lügengebäude zu errichten. Tückisch ist vor allem, dass bei einer Lüge die erfundenen Teile oft eingebettet werden müssen in wahre Begebenheiten, um beim Belogenen Vertrauen zu wecken. Lügner müssen also einfühlsam sein, müssen sich in den Belogenen hineinversetzen können. Kleine Kinder können das zunächst gar nicht. Aber auch ältere Menschen tun sich offenbar schwer damit. Das zeigt eine Studie, an der die Würzburger Psychologin Kristina Suchotzki beteiligt gewesen ist.
Wollen wir immer automatisch die Wahrheit sagen?
Warum alte Menschen weniger und auch weniger gut lügen, ist noch nicht ausreichend untersucht. Suchotzki vermutet, dass es mit der Fähigkeit zusammenhängt, die „Wahrheit zu unterdrücken“. Denn das Vermögen, automatische Reaktionen zu unterbinden, die sogenannte Reaktionshemmung, verlieren wir im Alter ebenfalls. Doch ob wir wirklich immer erst die Wahrheit erinnern, bevor wir lügen, ist unter Forschern umstritten.
Zurzeit unterstützt vielleicht die Hälfte der Forscher die Idee, dass die Wahrheit die automatische Standardantwort ist. Um zu Lügen, müssen wir sie unterdrücken. Andere Forscher glauben, dass wir auch automatisch Lügen können, wenn es uns etwa zweckdienlich erscheint. – Kristina Suchotzki
Für ihre jüngste Forschungsarbeit hat Suchotzki gemeinsam mit Kollegen aus Belgien und den Niederlanden nun den Ig-Nobelpreis erhalten. Der Ig-Nobelpreis ist ein satirischer Wissenschaftspreis, der jährlich von der Zeitschrift Annals of Improbable Research verliehen wird. Ausgezeichnet werden damit Forschungsprojekte, die zunächst lustig erscheinen, auch wenn sie einen seriösen Anspruch und wissenschaftlichen Nutzen haben. So ist dieses Jahr auch einem Briten der Preis verliehen worden, der Prothesen entwickelt hat, die einem Menschen die Bewegungen einer Ziege ermöglichten.
Der Ig-Nobelpreis nutzt seine Popularität auch für ernsthaftere Kritik
Eine weitere Funktion hat der Preis aber auch: Üblicherweise wird jedes Jahr in einer Kategorie auch ein wirklicher Schmähpreis verliehen. 2016 ging dieser „Ig-Nobelpreis für Chemie“ an Volkswagen – für die Lösung des Problems, während Emmissionstests den Schadstoffausstoß gering zu halten.
Warum Kristina Suchotzki den Ig-Nobelpreis für ihre Forschung erhalten hat, erfahren sie im Audio.