An der University of California in Berkeley haben Forscher den Prototypen eines Tarnmantels entwickelt. Von allen Verfahren zur optischen Tarnung, die die Wissenschaft in den letzten Jahren hervorgebracht hat, scheint er diese Bezeichnung am ehesten zu verdienen. Denn das Material ist um ein vielfaches dünner als ein menschliches Haar und lässt sich über jede Oberfläche legen, egal, wie diese geformt ist.
Tarnmantel: Was den Prototypen so besonders macht
„Dieser Mantel ist wirklich dünn – er entspricht eher dem, was sich Menschen unter einem Mantel vorstellen“, zitiert Adrian Cho im Sciencemag den Vordenker der zugrundeliegenden Technik, den britischen Forscher John Pendry. Alle vorangegangenen Versuche ähnelten nach Pendry „eher Harry Potters Hütte als Harry Potters Mantel“. Tatsächlich waren bisherige Prototypen von Tarnvorrichtungen stets um ein vielfaches Größer als die Objekte, die verborgen werden sollten.
Der Tarnmantel der Kalifornier ist so klein und dünn, weil er nach einem neuen Prinzip funktioniert. Das Licht wird nicht wie bei vorangegangenen Experimenten mit Metamaterialien um das Objekt herumgeleitet, was zu einer klassischen Unsichtbarkeit führen würde: Der Betrachter sieht dann genau das, was hinter dem Objekt liegt. Statt dessen manipuliert die Tarnschicht das einfallende Licht an der Oberfläche – und erzeugt ein neues, anderes Bild.
Im Labor ließen die Forscher eine winzige Hügellandschaft verschwinden, in dem sie sie als flachen Spiegel erscheinen ließen. Selbst mit technischen Mitteln wie der Interferometrie war der Schwindel nicht aufzudecken. Denn die gemessenen Lichtwellen gaben die Illusion, von einer tiefer gelegenen flachen Ebene reflektiert zu werden, perfekt wieder.
Eher Illusionszauberei als Unsichtbarkeit
Die aktuelle Studie aus den USA geht also eigentlich eher in die Richtung von Illusionszauberei: Viel einfacher, als sie unsichtbar zu machen, lassen sich Objekte als etwas anderes darstellen.
So könnte eine Kampfdrohne etwa als eine Passagiermaschine oder ein Frachtflugzeug erscheinen, ein Panzer als ein gewöhnliches Auto. Natürlich liegen Einsatzmöglichkeiten für das Militär auf der Hand. Und bereits die ersten Tarnkappenforschungen in Berkeley wurden vom Pentagon unterstützt.
Pendry und Xingjie Ni, der das Projekt in Berkeley leitete, scherzten dann laut Guardian auch, man könne mit der Folie etwa einen Bierbauch zum Sixpack machen oder Falten kaschieren.
Auch wenn die Anwendung noch nicht wirklich so funktioniert, wie die Forscher sich den perfekten Tarnmantel wünschen: Es sind wichtige Schritte in der Grundlagenforschung. Denn im Prinzip geht es darum, die Möglichkeiten der Metamaterialien und Meta-Oberflächen weiter zu erschließen und besser in den Griff zu bekommen. Damit wären auch viele zivile Nutzungen denkbar: Etwa bessere, verlustfreie Linsen für optische Geräte, oder effizientere Solartechnik.
Im Studio spricht detektor.fm-Reporter Mike Sattler mit Gastmoderator Michael Nast über den Prototypen aus Kalifornien.
Redaktion: Mike Sattler