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Trotz Relativitätstheorie, wusste auch Albert Einstein nicht alles. Foto: 365/15 – E

Forschungsquartett | Nichtwissen in der Wissenschaft

Keine Ahnung, kein Problem!

Warum sollte man sich mit dem Nichtwissen beschäftigen, wenn man doch liest, zur Schule geht oder studiert, um mehr zu wissen? Professor Matthias Groß beweist das Gegenteil.

In dem Wort „Wissenschaft“ steckt der Begriff „Wissen“. Das scheint logisch, schließlich forscht man ja, um später schlauer zu sein. Was ist aber, wenn sich die Wissenschaft mit dem Gegenteil von Wissen befasst – dem Nichtwissen? Geht es dann noch darum, am Ende mehr zu wissen?

Nichtwissen: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“

Nichtwissen und Wissen sind zwei Seiten einer Medaille. Trotzdem befasst man sich in der Wissenschaft erst seit Kurzem aktiv damit. Die Nichtwissensforschung oder Agnotology, gibt es offiziell gerade einmal seit zehn Jahren.

Wir wissen ganz oft, dass wir ganz viele Dinge nicht wissen. Aber in unserer Welt – der modernen Welt – gehört es sich einfach nicht, darüber zu reden, was man nicht weiß, weil man damit sehr schnell seine Glaubwürdigkeit verliert. – Professor Matthias Groß leitet die Abteilung Stadt- und Umweltsoziologie des Umweltforschungszentrums

Laut dem Soziologie-Professor Matthias Groß von der Universität Jena liegt das vor allem an der traditionell eher negativen Sichtweise auf das Nichtwissen. Unwissen, Geheimnis, veraltetes Wissen, Lüge oder gefährliches Halbwissen – das sind alles Begriffe, die zunächst bedrohlich klingen. Dass Nichtwissen aber auch wichtig sein kann, das kommt laut Matthias Groß häufig zu kurz.

Das sind ja häufig auch Dinge im Alltag, gerade wenn es um die Privatsphäre geht, wo das Nichtwissen sehr, sehr wichtig ist. – Professor Matthias Groß, Universität Jena

Dass man beispielsweise im Bewerbungsgespräch nicht die Wahrheit über mögliche zukünftige Kinder sagen muss, ist eine soziale Errungenschaft. Man darf sein Gegenüber bewusst „nicht wissen“ lassen. In der Medizin gibt es inzwischen sogar ein Recht auf Nichtwissen. In der pränatalen Gendiagnostik  hat man zum Beispiel das Recht, nicht über mögliche Krankheiten des zukünftigen Kindes aufgeklärt zu werden.

„Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“

Gerade in Zeiten der Informationsflut wird es immer schwieriger, Dinge wirklich zu wissen. Je mehr Informationen verfügbar sind, desto mehr ist man gezwungen zu filtern. Und genau dazu muss man sich erst klarmachen, was man nicht weiß.

Es gibt ganz viel Wissen, von dem wir nicht wissen, dass wir es noch nicht wissen. Aber durch neues Wissen – das ist eine Paradoxie, aber eine ganz schöne – wird uns klar, was wir noch alles nicht wissen. – Matthias Groß, Leiter des UFZ-Departments Stadt- und Umweltsoziologie

Der Leiter der Abteilung Stadt- und Umweltsoziologie beim Umweltforschungszentrum Matthias Groß sieht für die Zukunft zwei mögliche Wege. Erstens, es wird so schnell so viel Wissen produziert, dass Nichtwissen irgendwann aufhört. Oder zweitens, man lernt mit dem Nichtwissen zu leben und umzugehen.

Professor Matthias Groß - Leiter des UFZ-Departments Stadt- und Umweltsoziologie und Umweltsoziologe an der Universität Jena

Leiter des UFZ-Departments Stadt- und Umweltsoziologie und Umweltsoziologe an der Universität Jena
Das Umgehen mit Nichtwissen muss nicht unbedingt etwas Schlimmes oder Böses sein. Es weist auch nicht immer zwingendermaßen auf Dummheit oder Ähnliches hin – im Gegenteil.Professor Matthias Groß

Mehr Wissen über das Nichtwissen vermittelt detektor.fm-Redakteurin Isabel Woop in ihrem Beitrag zum Nachhören.

Forschungsquartett | Nichtwissen 05:45

Redaktion: Isabel Woop

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