Das wissenschaftliche Verlagswesen ist fast so alt wie der Buchdruck.
Und im digitalen Zeitalter in mancher Hinsicht ebenso antiquiert. Zwar bieten fast alle Verlage inzwischen digitale Abonnements. Das heißt aber nicht viel mehr, als dass das Papier dem Bildschirm gewichen ist. Volltextsuche etwa ist selten zu haben, zumindest nicht über die Grenzen eines einzelnen Aufsatzes hinweg. Wenn, dann kostet das Geld. Zusätzlich zum Abonnement.
Ein Peer-Review, also die Begutachtung eines Aufsatzes durch Fachkollegen, findet im Prinzip statt wie vor 50 Jahren. Vielleicht werden die unfertigen Artikel jetzt nicht mehr mit der Post verschickt, aber der Rest ist gleich geblieben.
Das Internet erlaubt eigentlich ganz neue Publikationskonzepte
Dabei erlauben das Netz und die Digitalisierung eigentlich völlig neue Konzepte. Aber die brauchen meist noch zusätzlich ein transparentes System. Zum Beispiel ein transparentes Peer-Review-Verfahren, wie es das Open Access Journal Atmospheric Chemistry and Physics betreibt. Hier können die Gutachter in Echtzeit gemeinsam Verbesserungsvorschläge erarbeiten und sich untereinander austauschen, bevor der Aufsatz überarbeitet werden muss. Kollaboratives Arbeiten also. Dass geht natürlich besser, wenn jeder freien Zugang zu den Aufsätzen hat – auch zu den unfertigen.
Ein anderes Beispiel: Zeitschriften sind sehr teuer. Fachbibliotheken abonnieren deswegen nur die Zeitschriften ihres Fachbereichs. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Forschung aber immer interdisziplinärer geworden. Bezahlschranken verhindern die Kooperation über Fachgrenzen hinweg. Alle diese Probleme sind technisch leicht zu beheben. Das Problem liegt eigentlich in einem überholten Wirtschaftsmodell.
Im traditionellen Subskriptionswesen haben sich über Jahrzehnte Oligopolstrukturen entwickelt, wo teilweise der Profit im Vordergrund steht und die Wissenschaft eigentlich im Hintergrund. – Ulrich Pöschl
Rennomierte Zeitschriften wie Nature beziffern ihre Kosten pro Aufsatz mit bis zu 20.000 Euro – und rechtfertigen so die hohen Kosten ihrer Abonnements. Natürlich müssen sie aus sehr vielen Einsendungen die wirklich wichtigen Aufsätze herausfiltern und diese dann redigieren lassen. Das kostet Zeit, Arbeitskraft und Geld. Aber vermutlich nicht ganz so viel wie behauptet. Die Open Access-Zeitschriften sind in der Regel viel billiger. Deren Kosten liegen im Schnitt bei 1.200 Euro pro Aufsatz. Bei Subskriptionsmodellen sind es durchschnittlich 4.000 bis 5.000 Euro.
Wofür die Kosten genau aufgewendet werden, ist nicht so ganz klar
Ulrich Pöschl etwa glaubt, dass zum Beispiel Anwaltskosten für das inzwischen völlig unübersichtliche internationale Copyrightsystem die Preise in die Höhe treiben. Da Open Access auf Creative Commons-Lizenzen setzt, würden diese Kosten größtenteils wegfallen. Nach der aktuellen Studie der Max Planck digital library unter Leitung von Ralf Schimmer muss aber ziemlich klar sein: Es ginge viel viel billiger. Das zeigen die vielen Open Access Zeitschriften, deren Produktionskosten pro Aufsatz meist unter 1.500 Euro liegen und deren Qualität häufig dennoch gut ist.
Das Problem liegt in der Umstellung. Bei Open Acces zahlt der Autor die Publikationskosten. Bei einer Umstellung müssten die alten Zeitschriften zumindest eine zeitlang weiterhin bezogen werden. Die Forscher zahlen also doppelt. Außer, sie kooperieren mit den Verlagen und stellen alle gemeinsam um. Ulrich Pöschl glaubt, dass das in etwa fünf Jahren zu schaffen ist.
Warum hält der digitale Wandel also so langsam Einzug in das wissenschaftliche Publizieren? Unser Thema diesmal im Forschungsquartett.
Redaktion: Mike Sattler