Wer viel „Äh“ und Ähm“ benutzt, der hört schnell die alte Weisheit aus dem Volksmund: Erst denken, dann reden. Tatsächlich ist das in dieser Form gar nicht möglich, sagen Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nijmegen.
Erst mal reden. Dann denken.
Der Sprechprozess ist kompliziert. Denn bereits die Grammatik der Sprache erlaubt es uns nicht, einen ganzen Satz vollständig, Silbe für Silbe im Voraus zu planen. Neben dem eigentlichen Inhalt müssen wir auch die Wörter und Laute vorbereiten, die Satzmelodie entwerfen und gleichzeitig auch noch auf unser Gegenüber achten. Deswegen müssen wir also erst einmal drauflosreden, und während des Sprechens unsere Sätze konstruieren. Kein Wunder, dass wir uns da manchmal verhaspeln.
Unsere Alltagssprache ist voller Fehler – aber das macht nichts
Tatsächlich gibt es im Alltag wenige Situationen, in denen wir tatsächlich druckreif und grammatikalisch korrekt reden. Während eines lockeren Gesprächs merken wir die Stolperstellen kaum.
Wenn wir uns flüssig unterhalten mit anderen Leuten, dann haben wir immer den Eindruck, dass es ein schönes flüssiges Gespräch ist. Dass es viele Äußerungen und Sätze gibt, die gar nicht richtig zu Ende geführt sind, das merken wir in der Regel nicht. – Prof. Antje S. Meyer, Max-Planck-Institut für Psycholinguistik
Das macht aber nichts, denn unsere Gesprächspartner wissen in der Regel, was wir meinen – und bemerken das „Äh“ kaum. Der Inhalt wird auch so kommuniziert. Die kleineren grammatikalischen Ungereimtheiten nehmen wir dabei gar nicht wahr.
Psycholinguistik
Die Menschen geben sich im Gespräch auch subtile Signale, die zeigen, wann ein Gedanke ausformuliert ist und wann nicht: Wer noch nicht das richtige Wort gefunden hat, schaut auch gerne mal am Gesprächspartner vorbei in die Ferne.
Um die vielschichtigen Kommunikationsprozesse in Gesprächen besser untersuchen zu können, hat die Max-Planck-Gesellschaft in Nijmegen jetzt ein Virtual-Reality-Labor eingerichtet. Hier sollen in Zukunft Versuchspersonen mit virtuellen Avataren sprechen. Die Forscher wollen damit besser untersuchen können, wie sich Gesprächspartner aufeinander einstellen und so die Kommunikation mit Wörtern und Sätzen überhaupt erst ermöglichen.
detektor.fm-Redakteur Mike Sattler hat sich von Antje S. Meyer die Forschung der Psycholinguistik erklären lassen. Sie ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen.
Redaktion: Mike Sattler