Das Forschungsquartett — dieses Mal in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO)
Schon mal einen rumänischen Film gesehen?
Im Zeitalter von Streamingdiensten und Mediatheken haben Cineasten eine riesige Auswahl an Filmen. Doch obwohl wir theoretisch Werke aus der ganzen Welt schauen könnten, läuft es für viele meist auf amerikanische, britische oder deutsche Produktionen hinaus. Deshalb sind etliche Meisterwerke aus anderen Ländern hier nahezu unbekannt. Zum Beispiel aus Rumänien, das auf eine lange und bewegte Geschichte zurückblickt — politisch wie filmisch. Aber nur selten dringt rumänisches Kino zu uns durch. Einer dieser seltenen Momente war die Berlinale 2021, als Regisseur Radu Jude mit „Bad Luck Banging or Loony Porn“ den Goldenen Bären gewann.
Wir sehen im rumänischen Film sehr, sehr viel Selbstreflexion. Es geht um Probleme, um Fragen, die die rumänische Gesellschaft heute beschäftigt. Teilweise taucht die Selbstreflexion dieser Gesellschaft auch zwischen den Zeilen auf, das ist eines der Merkmale des rumänischen Films unserer Gegenwart.
Dr. Stefan Krause, Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa
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Rumänisches Kino und seine Klassiker
Das rumänische Kino wird völlig unterschätzt — es verdient mehr Aufmerksamkeit, davon ist Dr. Stefan Krause vom Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) überzeugt. Er ist Literaturwissenschaftler, beschäftigt sich aber auch intensiv mit dem osteuropäischen Kino. Stefan Krause möchte dafür sorgen, dass das Kino-Land Rumänien in Deutschland mehr Sichtbarkeit erhält und hat deshalb den Sammelband „Klassiker des rumänischen Films“ mit herausgegeben.
Wenn wir von Klassikern sprechen, meinen wir einerseits ‚viel gesehen‘, auch ‚mit Preisen ausgezeichnet‘ – wir meinen damit auch ein Stück weit ‚Epoche machend‘, sprich: Der Film hat ästhetisch Impulse gegeben, hat ein Publikum bewegt.
Dr. Stefan Krause, Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa
Verschiedene Autorinnen und Autoren stellen darin 25 rumänische Werke vor, beginnend im Jahr 1912: mehr als 100 Jahre Filmgeschichte als Spiegel der Entwicklung der rumänischen Gesellschaft. Im Gespräch mit detektor.fm-Redakteur Johannes Schmidt erzählt Stefan Krause in dieser „Forschungsquartett“-Folge, warum es sich lohnt, in diese Historie einzutauchen — und welche seine rumänischen Lieblingsfilme sind.
Drei Filme möchte er dem Publikum besonders ans Herz legen: „12:08 Östlich von Bukarest“ (auch: „12:08 Jenseits von Bukarest“) von Corneliu Porumboiu, „California Dreamin‘ (Endless)“ von Cristian Nemescu sowie — als Zeitzeugnis des sozialistischen Rumäniens — Filme des Regisseurs Sergiu Nicolaescu. Warum Stefan Krause diese Filme für besonders sehenswert hält, hört ihr in der Folge.