Impfstoff aus dem Hühnerei
Viren sind allein nicht lebensfähig. Sie benötigen die Zellen von Wirtstieren (oder Menschen), die sie befallen und umprogrammieren, um sich zu vermehren. Für die Herstellung von Impfstoffen werden daher Zellen bewusst mit dem Virus infiziert. Im Fall des Grippe-Impfstoffes werden die Viren in Hühnereiern gezüchtet. Hühnereier eignen sich dafür gut, weil die Eizellen durch die Eierschale gegen die Außenwelt geschützt sind. In den Eiern können sich die Viren gut vermehren. Nach mehreren Tagen Brutzeit werden die Viren entnommen, aufgereinigt und als Dosis in eine Spritze gefüllt. Für die Impfstoffherstellung werden allerdings keine handelsüblichen Eier verwendet, sondern speziell gezüchtete, keimfreie Eier.
Seit mehreren Jahrzehnten werden so Impfstoffe für die jährliche Grippesaison hergestellt. Das Verfahren mit Eiern ist allerdings sehr zeitaufwendig- bis zu einem halben Jahr dauert die Herstellung. Eine schnelle Reaktion gegen Epidemien ist daher schwierig. Außerdem braucht man für eine Spritze etwa ein Ei- würde man die komplette Bevölkerung Deutschlands impfen wollen, müsste man also mehr als 80 Millionen Eier brüten lassen. Wissenschaftler forschen an Alternativen.
Hunde-Niere statt Hühner-Ei
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Dynamik komplexer, technischer Systeme beteiligen sich an der Forschung: Als Alternative zu Hühnereiern kommen tierische Zellen in Frage, etwa Zellen aus Hundenieren. Diese Zellen wurden in 1950er Jahren identifiziert, isoliert und seither im Labor gelagert und stetig vermehrt. Im Gegensatz zu Hühnereiern müssen sie nicht erst noch gebrütet werden. Sie können flexibel und in Notfällen zeitnah in Bioreaktoren gezüchtet und mit Viren angereichert werden.
Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben noch viele offene Fragen, derer sie sich annehmen: Wie dringt das Virus in die Zelle ein? Wie interagieren Virus und Zelle miteinander? Wie lassen sich die Verfahren zur Impfstoffherstellung verbessern?
detektor.fm-Reporter Max Heeke hat das Institut in Magdeburg besucht und mit den beiden Forschern Udo Reichl und Yvonne Genzel gesprochen.