Leben wir in einer von Narzissmus geprägten Gesellschaft? Die Selbstdarstellung vieler Menschen in den sozialen Netzwerken und die ständige Selbstoptimierung im Alltag lassen scheinbar nur eine Antwort zu.
Dabei ist das Phänomen der überzogenen und unverhältnismäßigen Selbstliebe an sich nichts Neues. Schließlich wird bereits in der antiken Mythologie die Geschichte des Jünglings Narziss erzählt. Er weist die Liebe anderer immer wieder zurück und wird dafür von den Göttern damit bestraft, dass er sich unsterblich in sein eigenes Spiegelbild verliebt.
Wissenschaftliche Auseinandersetzung
Was den antiken Zeitgenossen noch als Strafe der Götter galt, das hat Sigmund Freud in seiner Forschung erstmals wissenschaftlich untersucht und in Anlehnung an den Mythos Narzissmus genannt. Seit dieser ersten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Eigenschaft, haben zahlreiche weitere Forscherinnen und Forscher die unterschiedlichsten Definitionen des Narzissmus entwickelt.
Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie Narzissten eine gestörte, unverhältnismäßig positive Selbstwahrnehmung attestieren. Und diese Selbstwahrnehmung strahlt teilweise so stark aus, dass sie auch die Wahrnehmung des Narzissten durch andere Menschen beeinflusst.
Narzissmus wirkt sich nicht zwangsläufig negativ aus. Er kann gerade im interpersonellen Austausch von Vorteil für den Narzissten sein. – Katrin Rentzsch, Dozentin für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität in Bamberg
Katrin Rentzsch forscht daran, wie genau unterschiedliche Typen von Narzissten von ihrer Umgebung wahrgenommen werden. In einer neuen Studie hat sie die „Wie du mir, so ich dir“-Hypothese („Tit for Tat“) im Zusammenhang mit Narzissmus untersucht. Über die Ergebnisse ihrer Forschung hat detektor.fm-Moderatorin Lara-Lena Gödde mit ihr gesprochen.
Redaktion: Florian Lehmann