Spielanalyse: Neuer Standard im Profisport
Das war’s für die deutsche Nationalmannschaft: ausgeschieden in der EM 2016 gegen Frankreich. Das könnte man jetzt wahlweise mit Glück oder Pech erklären, mit mehr Training, besserer Kondition – oder mit der besseren Ausnutzung eines Computerprogramms.
Wie spielten Griezmann und Giroud bisher? Wer sind die potenziellen Einwechselspielern? Wo sind deren Lieblingsecken für einen Elfmeter? In welcher Spielphase gibt es wo eine Lücke? Zetteltaktik ade: Empfehlungen und Auswertungen dazu erhalten die Profis und ihre Trainer maßgeschneidert auf den Monitor. Vielleicht wieder der Schlüssel zum Erfolg.
Seit der WM 2014 in Brasilien arbeitet die deutsche Nationalmannschaft mit einem Programm namens ,,SAP Match Insights“. Ein Programm, das auch in der Bundesliga unter anderem vom FC Bayern oder von der TSG 1899 Hoffenheim genutzt wird.
Auf ein ähnliches Programm schwört der walisische Trainer Chris Coleman. Die britische Version ,,Globall Coach“ brachte der Underdog bis ins Halbfinale der Europameisterschaft.
Videoanalyse vs. Datenanalyse
Das Stunden andauernde Sammeln von Daten durch Videoanalytiker wird bei der Datenanalyse durch Softwareprogramme auf Sekunden reduziert. Das sind weit mehr als Zweikampfwerte.
Wie verhält sich welcher Spieler bei Ballbesitz? Welchen Raum kann er sichern? Wie ändert sich das persönliche Spiel eines Akteurs, wenn auf ihn gezielt Druck ausgeübt wird. Zu all diesen Fragen wollen die Programme Antworten geben.
Die Spieler und der Ball bewegen sich im X-Y-Koordinatensystem des Spielfelds. Sie sind letztendlich Daten und Nummern. – Prof. Daniel Memmert, Experte für Spielanalyse
Jetzt doch 3er-Kette?
Die Siegtaktik per Knopfdruck gibt nicht, jedoch haben sich Spielanalytiker in Profimannschaften etabliert. Bei der deutschen Nationalmannschaft ist der von Mehmet Scholl so hart gescholtene Urs Siegelthaler für die Zusammenfassung der Daten zuständig. Man will sich so genau an den Gegner anpassen, wie nur möglich.
Den Masterplan wird immer noch von Menschen erstellt werden, aber sie werden auf weitaus objektivere Daten stoßen und das in wesentlich kürzere Zeit. – Daniel Memmert
Es könnte also durchaus sein, dass sich Sepp Herberger 1954 über Programme, wie diese gefreut hätte. Aber eins ist festzuhalten, Fußballweltmeister wurde er auch ohne sie.
Ob erfolgreicher Fußball ohne Computerprogramme in Zukunft überhaupt noch möglich sein wird, untersucht Daniel Memmert – und im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser hat er da wenig Hoffnung.