Rauchende Schlote, grauer Himmel und rußgeschwärzte Häuser. So sah lange die gängige Klischeevorstellung des Ruhrgebiets aus. Nicht zu Unrecht. Mensch und Natur hatten es nicht leicht. Im Jahr 1963 dokumentierten Mitarbeiter der Landesanstalt für Immissions- und Bodennutzungsschutz des Landes Nordrheinwestfalen den Zustand von unbelasteten Gartenpflanzen im Vergleich zu Artgenossen aus dem Ruhrgebiet. Die Pfirsiche aus dem „Pott“ waren zum Beispiel kleiner und hatten unappetitliche Flecken. Das unverwüstliche Gänseblümchen mit seinen weißen Blütenblättern, wurde im Ruhrgebiet nur in staubgrau gefunden.
Das Gebirge
Den Bergbau, der für diese Lebensbedingungen verantwortlich war, gibt es nicht mehr. Aber er hat Spuren hinterlassen. Unter anderem sind rund 90 Abraumhalden geblieben, auf denen sich heute wieder neues Leben entwickelt. Sie laden zum Wandern, Mountainbiken und sogar zum Reiten ein. Und was dem Alpenberg das Gipfelkreuz, ist der Haldenkuppe das Kunstwerk.
Schon um 1900 sind die ersten Versuche gestartet, Halden zu begrünen. Aber die frühen Halden, die sogenannten Spitzkegelhalden waren zu steil. Auf dem losen Geröll konnte sich die Bepflanzung nicht halten. Erst die nächste Haldengeneration, die Tafelberge und danach die Landschafsbauwerke machten es Pflanzen möglich, zu wachsen. Man könnte von einem Strukturwandel der Natur sprechen.
Die Halden-Fans
Die Gartenbauingenieurin Katharina Heberer ist begeisterte Haldenläuferin. Regelmäßig durchstreift sie Hänge und Kuppen auf der Suche nach Pflanzen, die dieses schwierige Umfeld neu besiedeln. Dr. Till Kasielke, Geograf an der Ruhr-Universität Bochum beschäftigt sich mit den besonderen Lebensbedingungen des künstlichen Gebirges im „Pott“. Sie erzählen in dieser Folge Heike Sicconi, was man auf Halden alles entdecken kann, warum manche Pflanzen heiße Füße bekommen, was man sich von Abraumhalden abgucken kann und ob sie sich als Blaupausen für den Klimawandel eignen.