Vom Guinness-Brauen zur Statistik
Im Jahr 1759 gründet der irische Bierbrauer Arthur Guinness die Guinness-Brauerei — und schafft damit eine Biermarke, die heute weltweit in aller Munde ist. Anfang des 20. Jahrhunderts treibt Guinness vor allem eines um: der Wunsch, gleichbleibende Qualität und einen konstanten Geschmack mit Wiedererkennungswert zu gewährleisten. Aus diesem Grund stellt Guinness Wissenschaftler ein, um die Qualität des Bieres systematisch zu sichern. Einer von ihnen ist der englische Chemiker und Mathematiker William Sealy Gosset. Er soll herausfinden, wie man trotz wechselhafter Gersten- und Hopfenqualität ein Bier brauen kann, das immer gleich gut schmeckt — zugutekommt ihm seine Erfahrung mit Statistik.
Bevor Guinness seine Qualitätskontrollen objektiviert, hat man sich auf Aussehen und Geruch verlassen, um das Bier zu ‚testen‘. Das ist natürlich sehr subjektiv und fehleranfällig. Deshalb kommt Gosset ins Spiel: Er soll die Qualitätskontrolle verbessern.
Demian Nahuel Goos, Mathematiker

Das Problem: Die Brauerei kann es sich nicht leisten, jede Hopfenblüte zu analysieren. Stattdessen werden kleine Stichproben genommen — aber wie verlässlich sind die?
Genau diese Frage beschäftigte Gosset.
Ein Test geht um die Welt
Gosset entwickelte eine Methode, um die statistische Signifikanz der Stichproben-Ergebnisse zu ermitteln: den sogenannten t-Test. Bis heute gehört er zum Standardwerkzeug aller Forschenden, die mit kleinen Stichproben arbeiten.
Beim t-Test geht es darum, ein Signal-zu-Rauschen-Verhältnis zu ermitteln. Das heißt, die Forscher schauen, ob es große Abweichungen zwischen den einzelnen Proben gibt.
Manon Bischoff, Mathe-Redakteurin bei Spektrum der Wissenschaft

Der t-Test liefert eine Wahrscheinlichkeit, die angibt, wie repräsentativ das Ergebnis der Stichprobe ist. Ist das Rauschen, also die Streuung der Werte, zu groß, muss weiter getestet werden — solange, bis ein aus statistischer Sicht verlässliches Ergebnis zustande kommt. Der t-Test ist heute eine der am häufigsten genutzten statistischen Methoden. Er kommt überall zum Einsatz, wo z. B. Daten verglichen, Maßnahmen getestet oder evidenzbasiert Entscheidungen getroffen werden.
Trotzdem ist der Erfinder des t-Tests, William Seasy Gosset, über die Statistik-Bubble hinaus kaum bekannt. Woran liegt das? Was hat Guinness damit zu tun? Und warum ist das von ihm entwickelte Testverfahren so verbreitet? Darüber sprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel, Spektrum der Wissenschaft-Redakteurin Manon Bischoff und Mathematiker Demian Nahuel Goos in dieser Folge von „Geschichten aus der Mathematik“.
„Geschichten aus der Mathematik“ ist ein detektor.fm-Podcast in Kooperation mit Spektrum der Wissenschaft. Die Idee für diesen Podcast hat Demian Nahuel Goos am MIP.labor entwickelt, der Ideenwerkstatt für Wissenschaftsjournalismus zu Mathematik, Informatik und Physik an der Freien Universität Berlin, ermöglicht durch die Klaus Tschira Stiftung.