False-memory-Syndrom: Wie sich Erinnerungen konstruieren lassen
Erinnerungen können traumatisch sein. Gerade lange zurückliegende negative Erinnerungen aus der Kindheit können Menschen oft ein Leben lang begleiten. Das kann in extremeren Fällen etwa auch bei sexuellem Missbrauch der Fall sein. Viele Betroffene benötigen deshalb professionelle Hilfe durch Psychiaterinnen und Psychotherapeuten, um die eigene schmerzhafte Vergangenheit aufzuarbeiten.
Neben den realen Fällen von Missbrauch tritt aber auch immer wieder ein problematisches Phänomen in diesem Prozess der Aufarbeitung auf: das sogenannte False-memory-Syndrom. Damit werden Erinnerungen an Ereignisse beschrieben, die so in der Realität nie stattgefunden haben. Sie werden von den Betroffenen aus verschiedenen Gründen erst im Nachhinein gedanklich konstruiert. Die so entstehenden Erinnerungen können dann zu falschen Vorwürfen gegen enge Familienangehörige führen und haben oft unüberwindbare Bruchlinien in den Familien zur Folge. Auch für das Sexualstrafrecht sind false memories aufgrund der oft strafrechtlich relevanten Vorwürfe von Bedeutung.
Große Verantwortung für Therapeutinnen und Therapeuten
Viele Betroffene, die sich mit den eigenen Erfahrungen zu den false memories auseinandersetzen, erheben in der Aufarbeitung ihrer Behandlung oft schwere Vorwürfe gegen Therapeutinnen und Therapeuten. Diese hätten, so die Erkenntnis, ihnen diese falschen Erinnerungen eingeredet oder sie zumindest dazu gebracht, diese selbst für echt anzuerkennen. Die Ursache für dieses Phänomen ist unter anderem in unserem Gehirn selbst zu finden.
Frank Urbaniok ist forensischer Psychiater und beschäftigt sich immer wieder mit dem Phänomen false memories. In dieser Folge von „Grams‘ Sprechstunde“ erklärt er im Gespräch mit Natalie Grams, wo das Phänomen herkommt und wie mit false memories umgegangen werden sollte.