Prof. Dr. Robinson Crusoe
Der Wissenschaftstheoretiker Karl Popper hat den Wesenskern von Wissenschaft in einer These zusammengefasst: Alleine auf einer einsamen Insel ist es unmöglich, irgendeine Art von Forschung zu betreiben. Der Grund: Wissenschaft ist immer ein sozialer Prozess, bei dem andere Forscher die eigenen Ergebnisse diskutieren, hinterfragen und kritisieren. Das heißt wiederum, dass keine Wissenschaft ohne andere Wissenschaftler zurechtkommt. Im Idealfall arbeiten Forscher zusammen. So kann das Leben der Menschen verbessert oder zumindest erklärt werden.
5.154 Autoren, neun Seiten Text
Doch die Forschungskollaborationen treiben mitunter recht seltsame Blüten. Das gilt in besonderem Maße für Veröffentlichungen über physikalische Themen: Durchschnittlich 1.268 Autoren sind pro Physik-Publikation beteiligt, der Höchstwert liegt bei 5.154 Autoren. Thema des Artikels ist die Masse des sogenannten Gottesteilchens. Der Umfang der Arbeit beträgt dabei 33 Seiten und davon sind 24 Seiten ausschließlich Autorennamen vorbehalten. Auffällig ist dabei, dass durchschnittlich in jedem Jahr 58 Autoren pro Artikel dazukommen.
Fabrik-Wissenschaft
Diese Zunahme lässt sich unter anderem damit erklären, dass Wissenschaftler darauf angewiesen sind, möglichst häufig in möglichst angesehenen Journalen zu publizieren. Tatsächlich gibt es sogar eine Kennziffer, die angibt, wie relevant die Forschung eines Wissenschaftlers ist. Sie wird h-Index genannt und ergibt sich aus der Publikationshäufigkeit und wie oft die entsprechenden Aufsätze zitiert wurden. Insbesondere für Nachwuchswissenschaftler ist es daher wichtig, bei möglichst vielen Veröffentlichungen mitzuwirken – und auf diese Weise ihren h-Index zu steigern.
Arzt oder Autor?
Ähnlich verhält es sich bei medizinischen Publikationen. Der „fleißigste“ Autor auf diesem Feld ist der britische Kardiologe Gregory Lip. Er hat in den vergangenen sieben Jahren an insgesamt 651 Artikeln mitgewirkt. Bei 250 Arbeitstagen pro Jahr bedeutet das: alle drei Tage eine Veröffentlichung. Dass Gregory Lip tatsächlich an allen 651 Artikeln substanziell mitgearbeitet hat, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Um irreführende Autor-Nennungen zu vermeiden, hat ein internationales Komitee von Medizin-Journalen Richtlinien zur Verwendung des Autorenbegriffs erlassen.
Wie die hohen Veröffentlichungszahlen zustandekommen, darüber haben wir mit Christian Kobsda gesprochen. Er ist einer der Gründer des kritischen Wissenschafts-Blogs „The Elephant in the Lab“.
Redaktion: Adrian Breda