Refine, Reduce, Replace
Knapp drei Millionen Wirbeltiere werden in Deutschland jährlich für die Forschung eingesetzt. Berlin gilt als „Hauptstadt der Tierversuche„, bedingt auch durch den starken Ausbau der biomedizinischen Wissenschaft in den letzten Jahren. Dabei kann die Metropole auch anders, wie die Forschungsplattform BB3R zeigt. In Kooperation mit verschiedenen Wissenschaftsinstitutionen forscht man zu Alternativen für Tierversuche.
Der 3R-Grundsatz wird mittlerweile von allen Forschern anerkannt. Allerdings vertreten auch viele Wissenschaftler die Auffassung, dass Forschung ohne Tierversuche nie gänzlich möglich sein wird. Besonders in der Grundlagenforschung reichen bisher zugelassene Alternativen wie Zellkulturen nicht aus, um die komplexen Strukturen in einem lebenden Organismus zu reproduzieren. Kann das Start-Up-Unternehmen TissUse mit seinem Projekt „Human on a Chip“ diese These entkräften?
Der Multi-Organ-Chip
Ein menschliches Stoffwechselsystem auf einen Chip zu komprimieren – die EU-Kommission hat diese Vision des Biotechnologen Uwe Marx für „zu ambitioniert“ gehalten. Doch von der Kritik ließ sich das 25-köpfige Forscherteam von Marx nicht abhalten. Nach fünf Jahren haben sie bereits vier Organe erfolgreich auf den Chip gepflanzt. Bis 2018 sollen noch sechs weitere Organe dazukommen.
Der menschliche Chip könnte Tierversuche vielleicht überflüssig machen. Doch das Forschungsprojekt würde sich nicht nur positiv auf den Tierschutz auswirken, sondern auch auf die Pharma- und Kosmetikindustrie. Denn die Fehler, die bei der Entwicklung von Wirkstoffen geschehen und die Kosten der Produktentwicklung steigern, könnten durch den Multi-Organ-Chip um 10 Prozent reduziert werden. Allerdings bleibt auch bei erfolgreichem Abschluss des Projekts der Einsatz des Multi-Organ-Chips bis auf weiteres Zukunftsmusik, denn die EU-Richtlinien sind streng. Die Prüfung kann bis zu zehn Jahren dauern.
Redaktion: Johanna Siegemund