Prager Frühling 1968
Als die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei 1968 ein Demokratisierungsprogramm startet, berichtet Radio Prag ausführlich über die Veränderungen. Denn die unter dem Generalsekretär Dubček begonnenen Reformen öffnen nicht nur den Staat gegenüber marktwirtschaftlichen Veränderungen, sondern es fallen auch viele bis dahin geltende Zensurregeln weg. Die Einführung der Medien- und Redefreiheit ermöglicht im Frühjahr 1968 in der Tschechoslowakei eine kritische Öffentlichkeit.
Was ich als schlecht empfunden habe, habe ich auch als schlechte Sache gesendet. Die Sachen entsprachen der Wahrheit, nichts habe ich mir ausgedacht, sondern immer genau recherchiert. – Otka Betnesova, damalige Fernsehjournalistin
Radio Prag koordiniert Widerstand
Die sowjetische Führung in Moskau schaut im Frühjahr 1968 mit argwohn nach Prag. Denn die Reformen gefährden aus ihrer Sicht die Einheit des Ostblocks. Nachdem die Aufforderungen zur Kurskorrektur ohne Wirkung bleiben, marschieren Soldaten des Warschauer Pakts am 21. August 1968 in die Tschechoslowakei ein. Die Bürger versuchen, ihre neuen Freiheiten zu verteidigen, und organisieren den passiven Widerstand. Radiosender wie Radio Prag helfen dabei und koordinieren die einzelnen Widerstandsaktionen. Deshalb werden sie selbst zum Ziel des sowjetischen Militärs.
Wir haben die Türen geöffnet und die Techniker begannen die Nationalhymne zu senden, doch dann ist ein Offizier in den Raum gekommen und einige Soldaten. Jeder dieser Soldaten hat auf einen von uns aufgepasst und wir spürten die Bajonette in unseren Rücken. – Otka Betnesova, Zeitzeugin
Radio Prag sendet nach der Besetzung des Funkhauses zuerst aus einem unentdeckten Studio weiter. Bis zum Rückzug der sowjetischen Soldaten überträgt der Sender seine zehnminütigen Radiosendungen dann von unbekannten Orten.
Der Journalist Joachim Dresdner hat die deutschsprachigen Sendungen von Radio Prag dokumentiert und weitere Aussagen 50 Jahre nach dem Ende des Prager Frühlings gesammelt.