Das Massenprodukt Wolle
Häufig wird Wollgewinnung noch mit dem Bild von glücklichen Schafen auf grünen Wiesen verbunden. Friedlich grasen sie vor sich hin, und ab und zu kommt ein freundlicher Schäfer zum Scheren vorbei.
Die Realität sieht allerdings meist anders aus. Auch die Gewinnung von Wolle ist eine Massenproduktion. Auf riesigen Farmen in Australien, Neuseeland und Südamerika werden die Tiere häufig unter schlimmsten Bedingungen gehalten.
Das Scheren bedeutet für die Tiere ohnehin schon viel Stress. Damit die Schafe beim Scheren geschwächt sind und sich weniger wehren, bekommen sie vierundzwanzig Stunden vorher keine Nahrung. Das Vorgehen der Arbeiter ist dabei oft unnötig brutal, sie treten die Schafe, schneiden tiefe Wunden in die Körper der Tiere oder drehen ihre Köpfe so lange in eine Richtung, bis das Genick bricht.
Claudia Lotz vom Bundesverband Tierschutz erklärt die häufig problematischen Umstände der Wollgewinnung.
Wir haben das Gefühl, das sei der letzte Rest an Idylle, den die Gesellschaft sich bewahrt hat. – Claudia Lotz, Bundesverband Tierschutz (BVT)
Keine Lust mehr auf Polyester
Als Verbraucher, der sich gegen den Kauf von tierischer Wolle entscheidet, steht man vor der Frage nach einer Alternative.
Tierische Wolle hat vielseitige funktionale Vorzüge. Durch Lanolin, also das Wollwachs, ist sie bis zu einem gewissen Grad wasserabweisend, gleichzeitig saugt sie auch Feuchtigkeit auf, ohne zu durchnässen. Dadurch wärmt sie besonders gut. Sie nimmt kaum Gerüche an und gefilzt ist sie sehr formstabil.
Konventionelle Alternativen wie Polyester und Acryl sind durchaus bekannt. Auch Baumwolle ist ein Klassiker – die Baumwollproduktion erfordert jedoch große Mengen an Wasser. Alternative Textilrohstoffe versuchen stattdessen, umweltverträglich zu sein und zugleich das Tierwohl zu garantieren.
Tencel und Sojaseide
Tencel beispielsweise wird aus Holz gewonnen. Hierbei handelt es sich zwar um eine rein künstliche Faser, der gesamte Herstellungsprozess funktioniert aber als geschlossener Kreislauf. Das Holz wird schonend verarbeitet und zur Lösung des Zellstoffs müssen keine giftigen Lösungsmittel verwendet werden, was bei der Produktion von Viskose häufig doch der Fall ist.
Sojaseide überzeugt nicht nur durch Wärme und weichen Tragekomfort, sondern sie ist als Nebenprodukt der Tofuherstellung auch noch ein besonders umweltfreundliches Material. Es ist das Protein der Sojabohne, welches nutzbar gemacht wird. Der gesamte Herstellungsprozess funktioniert ohne den Einsatz von Mineralölen, daher bleibt die Faser kompostierbar, also biologisch zersetzbar.
Mogelpackung Bambus?
Jedoch: Nicht überall, wo Pflanze reinkommt, kommt unbedingt ein natürliches Textil heraus. Bambus zum Beispiel kann nur zu Stoff verarbeitet weden, wenn es einen chemischen Prozess durchläuft, der das Spannen von langen Fäden erlaubt. Der Stoff, der hierbei entsteht, ist wiederum ein alter Bekannter: Viskose. Mit Bambus selbst hat dieses Textil dann aber nur noch wenig zu tun. Trotzdem: vegan ist diese Lösung immerhin.
Über verschiedene Alternativ-Textilien und ihre Eigenschaften hat detektor.fm-Moderatorin Karolin Döhne mit Marlin Oeing von vegarn.eu gesprochen – und ist dabei auch der Frage nachgegangen, ob man mit veganen Methoden überhaupt an die wollige Flauschigkeit der Schafe herankommt.
Redaktion: Emely Eulig