Während das Bundesverfassungsgericht in Deutschland zuletzt im Eilverfahren nach einer Beschwerde geschäftsmäßige Unterstützung von Suizid abgelehnt hat, hat die polnische Regierung den Verfassungsgerichthof in Warschau reformiert – und in den Augen vieler entmachtet. Ein medialer Aufschrei in Europa folgte, denn das Verfassungsgericht gilt schließlich als Hüter des Gesetzes. Zumindest spielt es in Deutschland diese Rolle.
Auf diesem Kontinent gelten Verfassungsgerichte eigentlich als die obersten Hüter der Verfassung. Aber der Gerichtshof in Warschau ist längst nicht der Einzige, der seine Rolle als Verfassungsverfechter nur eingeschränkt wahrnehmen kann.
Verfassungsgericht im „American Way“
Die Karte der Woche zeigt diesmal: eine bunte Verfassungsgerichts-Landschaft. Obwohl in den meisten europäischen Ländern ein eigenständiges Verfassungsgericht vorhanden ist, gibt es Ausnahmen.
Irland, Schweiz, Skandinavien und Griechenland binden die Verfassungskontrolle an ihr oberstes Gericht. Das bedeutet, dass dem Verfassungsgericht keine eigene Institution zugeordnet wird. Das Prinzip der „diffusen Verfassungskontrolle“ verpflichtet jeden Richter eines Landes darauf, auf die Einhaltung der Verfassung zu achten.
Rechtstaatlichkeit ohne Verfassungsgerichte?
In Großbritannien und den Niederlanden hingegen gibt es gar kein Verfassungsgericht. Die Briten einerseits haben gar keine Verfassung. Die Niederländer andererseits stellen ihre Verfassung unter das europäische Recht. In Ungarn und dem aktuellen europäischen Sorgenkind Polen sind es die eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Verfassungsgerichte, die Sorgenfalten bereiten.
Wie die unterschiedlichen Modelle von Verfassungsgerichten in Europa funktionieren, darüber hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit Sebastian Blatzheim vom Katapult Magazin gesprochen.
Redaktion: Christian Eichler & Johanna Siegemund
Die „Karte der Woche“ und „Zahlen, bitte!“
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