Protest vorm Luxushotel
Unmittelbar vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro sind tausende Brasilianer auf die Straße gegangen. Mit Protestplakaten haben sie sich vor dem Luxushotel Copacabana Palace versammelt. Für die Olympischen Spiele hat das Land rund neun Milliarden Euro ausgegeben. Das macht viele Brasilianer wütend, denn das Land steckt in einer der schwierigsten Wirtschaftskrisen seit langem.
Das politische Debakel und eine kleine Flamme
Präsidentin Dilma Rousseff ist seit Mai suspendiert. Die Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) brach mit Rousseff, nachdem Vizepräsident Temer die notwendigen Mehrheiten für ihre Amtsenthebung organisiert hatte.
Rousseff soll gezielt verschleiert haben, wie hoch das Haushaltsdefizit wirklich ist. Dazu kommen Vorwürfe wie Kreditbetrug und Behinderung der Justiz. Das macht sie nicht sonderlich beliebt im Land – und dennoch empfindet die Bevölkerung das Vorgehen Temers als eine Art Staatsstreich.
Die Stimmung in der Politik ist angespannt. Aus Angst vor Protesten hatte man von einer Begrüßungsrede von Brasiliens Interimspräsidenten Michel Temer abgesehen. In wenigen Worten erklärte er die Olympischen Spiele für eröffnet – zu hören war er allerdings kaum, denn das Maracanã-Stadion empfing ihn mit einem Pfeifkonzert.
Die Flamme zur Entzündung des Olympischen Feuers ist dieses Mal bewusst klein, denn sie dient als Symbol und Hinweis gegen die globale Energieverschwendung. Gerade Brasiliens Energiepolitik aber glänzt bisher nicht mit Erfolgen, der Umweltschutz ist eher zweifelhaft. Die Voraussetzungen für die diesjährigen Spiele scheinen alles andere als rosig zu sein.
Rio 2016: Eine Party für die Welt
Von den schwierigen Bedingungen für den Start der Olympischen Spiele lenkt das große Eröffnungsspektakel ab. Beim Glitzerfeuerwerk über dem Stadion scheint die Euphorie zu überwiegen: eine riesige brasilianische Party. In vier Stunden Eröffnungszeremonie wird die gesamte brasilianische Vielfalt in gigantischen Bildern präsentiert.
Zum ersten Mal ist auch eine Flüchtlingsmannschaft bei den Spielen dabei. Die zehn Sportler liefen unter Olympischer Flagge und dem lautesten Applaus ins Stadion. Nach allen Widrigkeiten können die Sommerspiele beginnen. Von den Protesten, der Vertreibung der Straßenhändler, der teils brutalen Reaktion auf Anti-Olympia-Demonstrationen ist keine Rede mehr.
Wie fühlt sich das alles an, wenn man vor Ort lebt? Und wie sehr beeinflusst die politische Lage die Stimmung vor Ort tatsächlich? Das hat detektor.fm-Moderator Kais Harrabi mit Emel Mangel besprochen. Sie lebt seit drei Jahren in Rio und betreibt dort ein Touristik-Unternehmen.
Redaktion: Emely Eulig