Beide tragen karierte Holzfällerhemden, lange Haare und dann sind da noch die Vornamen: Kurt und Courtney – man hätte fast darauf wetten können, dass diese beiden mal was zusammen machen. Aber nicht nur die Äußerlichkeiten sprechen dafür, dass sich hier zwei Seelenverwandte gefunden haben. Das Album Lotta Sea Lice von Courtney Barnett und Kurt Vile klingt so harmonisch und entspannt, als hätten sich zwei langjährige Freunde mal ein paar Nachmittage zusammengesetzt und Songs aufgenommen.
Interkontinentale Freundschaft
Courtney Barnett und Kurt Vile kennen sich, seit sie vor ein paar Jahren im Vorprogramm eines seiner Konzerte in Melbourne aufgetreten ist. Wenig überraschend ist auch die Tatsache, dass beide Fans des bzw. der jeweils anderen sind. Für Lotta Sea Lice haben sie eigene Songs geschrieben, aber auch Coverversionen eingespielt. Da Vile in Philadelphia und Barnett in Melbourne lebt und beide außerdem viel auf Reisen sind, haben sie die Songs nicht zusammen geschrieben. Und auch die Aufnahmen haben sich über viele Monate hingezogen, in denen Vile jeweils für ein paar Tage nach Australien geflogen ist.
Beim Hören von Lotta Sea Lice bekommt man das Gefühl, zwei Freunden bei einem ungezwungenen Gespräch zuzuhören. Sie erzählen vom Song-Schreiben, von Kunst und Freundschaft, hier und da fällt ein Insider-Witz. Sie vergleichen Notizen: er lässt sich vom Alleinsein inspirieren, sie überfliegt schnell die morgendlichen Schlagzeilen, um daraus vielleicht einen Songtext zu basteln. Die Musik klingt mehr nach Vile als nach Barnett: weniger druckvoll, eher lässig. Ihre Gitarren zirkeln umeinander und spielen sich gegenseitig die Bälle zu.
Gedankenfluss-Texte
Mitsingbare Refrains gibt es auf Lotta Sea Lice nicht direkt. Die Texte haben wie auch bei den Solostücken der beiden eher die Form eines Gedankenflusses, der mal in die eine, mal in die andere Richtung geht. Sie covern sich gegenseitig: Vile spielt eine bluesige Version des Barnett-Songs Outta The Woodwork, sie covert sein Peepin‘ Tom nur mit Akustikgitarre und Gesang.
Da Vile und Barnett beide Gitarre spielen und singen, haben sie sich für das Album Unterstützung von einigen echten Rock’n’Roll-Veteranen geholt, wie Jim White und Mick Turner von der Band Dirty Three und Mick Harvey von den Bad Seeds. Die Zusammenarbeit mit den älteren Herren hat offensichtlich wunderbar funktioniert. Aber egal ob U- oder Ü-50, die Arbeit an Lotta Sea Lice scheint allen Beteiligten großen Spaß gemacht zu haben. Und das gilt auch für das Anhören – ob nun in Philadelphia, Melbourne oder anderswo.