Das Duo Goldfrapp hat nicht nur zwei Mitglieder, sondern auch zwei ganz unterschiedliche musikalische Ausprägungen. Entweder kommen sie als Dance-Act mit wummernden Beats daher oder sie kreieren leise, zerbrechliche Soundlandschaften. So machen sie nach dem aufdrehenden 80er Synthiepop ihres letzten Werkes Head First eine Kehrtwende. Denn für ihr sechstes Studioalbum Tales Of Us gilt: weniger ist mehr.
Viel Raum in den Songs
Die sparsame Instrumentierung der Songs auf Tales Of Us lässt viel Raum für Kopfkino. Nur mit Gitarre oder Piano, Streichern und Alison Goldfrapps feenhaftem Gesang erschaffen sie eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre.
Diese dunklen Räume erzählen auch eine Geschichte. Sie deuten an, was dort passiert, man kann es sich aber nur vorstellen. Das war mir wichtig, auch für die Musik. Ich wollte so viel wie möglich weglassen. Bei anderen Alben haben wir so viel wie möglich reingenommen, viele Schichten und Soundschnipsel. Dieses Mal wollte ich sehen wie wir Spannung und Atmosphäre mit nur sehr wenigen Mitteln erschaffen können.
Geschichten von Anti-Helden
Mit einer Ausnahme sind alle Stücke auf Tales Of Us mit Vornamen betitelt und jedes erzählt eine Geschichte. Die Protagonisten sind meist Anti-Helden, die das ein oder andere finstere Geheimnisse haben. In Thea bringt der Liebhaber einer Frau den Ehemann um. In dem Song Simone erwischt eine Mutter, die von ihrer Tochter besessen ist, selbige mit einem Mann im Bett.
Alvar ist zwar ein finnischer Name, wurde aber von Island inspiriert.
Der Song ist von meiner Reise nach Island inspiriert. Ich interessiere mich schon lange für Mythen und Märchen. Er ist eine Mischung aus der Landschaft Islands, die ich sehr liebe, meiner Obsession für Seen und der skandinavischen Kultur. Er ist eine Kombination aus all diesen Dingen. Außerdem mag ich den Namen “Alvar” sehr gerne. Es geht um eine Frau, die auf jemanden wartet, der auf See ist.
Nicht nur optisch wandlungsfähig
Über die Jahre hat Alison Goldfrapp ihr Image immer wieder verändert. Vom eleganten Marlene-Dietrich-Verschnitt über einen traurigen Clown bis zur Discomaus im pinken Jogginganzug. Genauso wandlungsfähig wie ihre Sängerin ist auch der Stil der Band. Seit seinem ersten Album vor 13 Jahren hat das Duo seinen Sound stetig weiterentwickelt.
Manchmal denke ich, dass mein Leben viel einfacher wäre, wenn ich immer nur dasselbe machen würde. Aber das interessiert mich nicht, ich möchte nicht, dass es zu einer Formel wird. Wenn man eine Formel hat, kann auch jemand anderes die Sache übernehmen. Man macht natürlich Fehler. Ich finde, dass das letzte Album ein Fehler war. Aber Fehler machen ist nun mal Teil des Prozesses und die einzige Art und Weise zu lernen.
Wer die tanzbaren Goldfrapp bevorzugt, wird mit Tales Of Us wohl nicht so viel anfangen können. Für alle anderen gibt es auf dem Album zehn faszinierende Songs zu entdecken, die mysteriös und schaurig sind wie ein David Lynch Film. Mit Twin Peaks im DVD Player und Goldfrapp in der Stereoanlage kann der Herbst ruhig kommen.