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Eva und Philipp Milner von Hundreds. Foto: PR
Eva und Philipp Milner von Hundreds. Foto: PR

Album der Woche: Hundreds – Wilderness

Der bekloppte Mensch

Das zerstörerische Eingreifen des Menschen in die Natur ist das Thema von „Wilderness“, dem neuen Album von Hundreds. Die Musik ist düster und sperrig, mit klassisch-fröhlichen Popsongs war diesem unschönen Thema wohl nicht beizukommen.

Massentierhaltung, Fracking, Atomenergie – nur ein paar Dinge, die Eva Milner von Hundreds einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Dass sich die Menschheit auf Knopfdruck selbst den Garaus machen kann, darüber denkt man eigentlich nicht so gerne nach. Eva Milner hat es trotzdem getan und ihr Unwohlsein auf dem neuen Hundreds-Album Wilderness verarbeitet. Seit Jahren beschäftigt sie dieses Thema, angefangen hat alles mit dem Jugendroman „Die Wolke“ von Gudrun Pausewang. Darin geht es um ein 14-jähriges Mädchen, das nach einem Reaktorunfall zum Strahlenopfer wird.

Ich hab meine Mutter immer wieder gefragt, wie kann man denn sowas bauen? Wie kann man mit so einer Energie arbeiten, die man als Mensch nicht unter Kontrolle hat. Das hat sich mir nicht erschlossen. Da hab ich das erste Mal diesen Bruch gesehen, dass der Mensch so bekloppt ist. Das Thema hat mich immer wieder verfolgt und ich hab dann beschlossen, dass ich das mal künstlerisch auswerten will. Ich bin total froh, dass wir das gemacht haben. Es ist natürlich nicht das angenehmste Thema, aber dafür gibt’s andere Musik.

Grusel vor der Menschheit

Aber nicht nur das Buch Die Wolke war eine Inspiration für die neuen Songs, auch das aktuelle politische Klima in Deutschland und anderswo findet Eva Milner beunruhigend.

Ich glaube, das kommt einfach mit dem Älterwerden, dass du dich dem nicht mehr entziehen kannst. Da fällt so eine Naivität weg, ich weiß nicht, ob es bei jedem so ist, aber bei mir war es so. Und das lässt mich mit einem Grusel, nicht auf einzelne Menschen, sondern auf die gesamte Menschheit schauen. Und ich glaube auch daran, dass wir das schaffen werden, dass wir uns selbst den Garaus machen werden.

Aufgenommen haben Hundreds die neuen Songs auf einem alten Hof im Wendland, wo sie auch wohnen und sich selbst ein Studio gebaut haben. Mitten zwischen Wiesen und Nadelwäldern konnten sie in aller Ruhe an den Songs arbeiten. Nach den ausgedehnten Touren der vergangenen Jahre war das ein guter Ausgleich.

Das ist ein klassischer wendländischer Hof, so ein ganz langgezogenes Gebäude mit einem Schweinestall hintendran, da sind natürlich keine Schweine mehr drin. Hinten dran ist eine riesengroße Wiese mit alten Obstbäumen, mit Walnussbäumen, mit Kastanienbäumen. Und überall kann man sich auch zurückziehen, es gibt eine Hängematte und so weiter. Es ist ein sehr schöner Garten, relativ wild, aber so mögen wir das.

Sperriger Elektropop, bedrückendes Thema

Herausgekommen ist ein kraftvolles, düsteres Album voller komplexer Arrangements, wuchtiger Beats und sperriger Melodien. Auf klassische Strophe-Refrain-Songstrukturen haben Hundreds größtenteils verzichtet. Die Schwarzweiß-Ästhetik des Artwork passt zum strengen Elektropop und zum bedrückenden Thema.

Trotz der eher hoffnungslosen Texte und unheilschwangeren Musik lässt einen Wilderness von Hundreds nicht am Boden zerstört zurück. Man möchte sogar hin und wieder tanzen. Und auch wenn Eva Milner nicht so recht daran glaubt, ist vielleicht doch noch nicht alles verloren für die Menschheit.

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