Am 9. November 2016 hatte Natalie Prass ihre neuen Songs eigentlich schon fertig geschrieben, die Band stand bereit, das Studio war gebucht. Am Abend wollte sie bei einer Party mit Freunden die Wahl von Hillary Clinton feiern, der ersten weiblichen US-Präsidentin. Aber wie wir wissen, kam es anders. Prass und die anderen Partygäste waren geschockt und lagen sich am Ende weinend in den Armen. Daraufhin hat sie die Aufnahmen abgesagt und nochmal von vorne angefangen. Ihre Verärgerung und Wut mussten raus und haben ihren Weg auf ihr neues Album The Future and The Past gefunden.
Solidarität unter Frauen
Natalie Prass ist in Virginia aufgewachsen und hat schon mit sieben Jahren angefangen Songs zu schreiben. Sie hat sich auf die Fensterbank gesetzt, gesungen und gehofft, dass ein Plattenboss vorbeikommt und sie unter Vertrag nimmt. Aber so funktioniert das ja in Wirklichkeit nur selten. Stattdessen hat sie als Erwachsene ein paar Jahre in der Musikmetropole Nashville gelebt, um dort Fuß zu fassen. So richtig gelungen ist ihr das nicht – oftmals wurde sie nicht ernst genommen oder ihre Meinung zählte nicht, erzählt sie heute. Angesichts der unverhohlenen Frauenfeindlichkeit Donald Trumps kamen diese Erinnerungen wieder hoch. Als Reaktion darauf ruft Prass zum Beispiel in dem Song Sisters zu Solidarität unter Frauen auf.
Aufgenommen hat sie die neuen Songs mit ihrem alten Freund Matthew E. White, der schon bei ihrem ersten Album an den Reglern saß. White ist auch Inhaber der Spacebomb Studios in Richmond. Dort hat er nicht nur jede Menge altes Equipment, sondern auch eine Hausband. Die ist natürlich auch auf The Future and The Past zu hören.
Der satt arrangierte Orchestralpop des Debüts wird mit Funk, Disco und 90er R&B erweitert. Statt sich in Melancholie zu baden, wirft sich Prass mit sommerlich glitzernden G-Funk Synthies, einem groovenden Bass und souligen Gesangsharmonien in Pose. Und neu entdeckte politische Themen hin oder her, auch das Problem Herzschmerz ist nach wie vor aktuell.
Die Botschaft ist positiv
Verpackt hat Natalie Prass ihre Texte in lockerleichte Melodien – ihre berechtigte Entrüstung ist niemals anstrengend. Die Songs sind leicht zugänglich, mitunter sogar tanzbar. Gospelmusik war ein Anhaltspunkt für sie. Da wird auch von schweren Zeiten gesungen, aber die Botschaft ist trotzdem positiv.
Auf The Future and The Past hört man das gewachsene Selbstvertrauen von Natalie Prass. Leider hat sie auch keine Lösungsvorschläge für die aktuellen Probleme, aber zumindest kann man die für 45 Minuten ausblenden.