Ein paar Takte von We Built A Fire reichen aus, um zu bemerken: Hier war eine große Band am Werk. Und das ist durchaus ungewöhnlich für Seabear. Denn bisher verbarg sich hinter dem Indiefolk allein der Isländer Sindir Mar Sigfússon. Der musste nach seinem Debütalbum schnell einsehen, dass er ohne Unterstützung nicht weit kommen wird. Also gab er die Alleinherrschaft auf und legte die Musik in die Hände von sechs weiteren Bären. Mit We Built A Fire ist Seabear nun offiziell ein Septett mit Sigfússon als Frontmann. Und das hört man in jedem Takt des neuen Albums: Es klingt voller, ideenreicher und vielfältiger.
Es hat einige Zeit gedauert, bis sich die Isländer aufeinander eingespielt hatten. We Built A Fire ist das Gemeinschaftswerk der Band. Im Gegensatz zum Debutalbum wurden nun die Ideen aller eingebunden. Das ist einer der Gründe, warum die Platte so lange auf sich hat warten lassen, erklärt Bassist Halldór Arnar:
Wir sind sieben Leute und haben zusammen an den Songs geschrieben. Einige von uns leben gar nicht in Island. Wir haben das Album in zwei Jahren geschrieben und aufgenommen, allerdings mit einigen Pausen zwischendrin. Es ist schwierig, mit sieben Leuten Songs zu schreiben.
Abgesehen von der langen Einarbeitungszeit bringt die neue Formation aber nur Vorteile. Seabear profitieren von den verschiedenen Ideen und Einflüssen der sieben Musiker. Statt spärlicher Instrumentierung haben die Isländer nun ein kleines Wunderorchester auf das Album gebracht. Streicher und Bläser wirbeln wie bunte Seifenblasen durch die Luft, umtänzeln die harmonischen Melodien und platzen irgendwann unbemerkt. Ein Akkordeon klingt nach Seemannslieder und Fernweh (I’ll Build You A Fire). Und der langsame Countrysong Leafmask könnte auch in einem einsamen Saloon im Wilden Westen laufen. Tanzen würde man dazu selbstverständlich in Holzfällerhemd, Jeans und Cowboyhut.
Aber nicht nur die Instrumentierung ist breiter geworden. Auch im Gesang ist Sigfússon nicht mehr allein unterwegs. Zuckersüßen Frauenstimmen schmiegen sich mit „uhs“ und „ahs“ liebevoll hauchend an die dünne Stimme des Sängers. An anderer Stelle übernehmen sie dominant den Refrain und übertönen Sigfusson ohne Mühe. Zweistimmigkeit gab es bisher kaum bei Seabear. Auf We Built A Fire zieht sie sich wie ein roter Farben durch alle Songs.
Es ist kein aufregend loderndes Feuer, dass die Isländer auf gezündet haben. Viel mehr ein kleines, das leise vor sich hin knistert. Von Zeit zu Zeit flammt es auf, zum Beispiel wenn aus einer brüchigen Ballade völlig überraschend eine Uptempo Nummer wird (Fire Dies Down) oder wenn die Gitarren mal disharmonisch verzerren (Warm Blood). Letztlich pegelt sich We Built A Fire aber immer wieder im Indiefolk ein: mal zart und brüchig, dann wieder mutig und verspielt. Geigen, Akkordeon, Frauenchor – all das steht Seabear ausgezeichnet zu Gesicht. Und trotzdem verlieren sie sich dabei nicht selbst. Seabear bleibt eine Band für die ruhigen Momente, für Sonntagnachmittage oder eben kleine Lagerfeuer im Wilden Westen.