Endlich Wochenende, endlich trinken, feiern, abstürzen – oder um es mit den Worten Eleanore Everdells von The Hundred In The Hands zu sagen: Saturday comes, Sunday comes, we go.
Das bin nicht ich, die da ihre Seele vor der Welt entblößt. Das bin vielleicht ich, wie ich über diese Emotionen nachdenke die ich habe, aber dann zwei Schritte zurück gehe und in eine andere Geschichte packe.
In Pigeons bringt Everdell die Geschichte einer ganzen Generation, vielleicht auch nur die einer Lebensphase auf den Punkt. Was mache ich nächstes Wochenende? Mit wem gehe ich wo aus? Es geht um die jungen Großstädter, deren Dreh- und Angelpunkte im Leben genau diese Fragen sind. Verpackt wird das Ganze in radiokompatiblen Elektro-Pop, der irgendwo zwischen synthetisch und organisch changiert, zwischen Tag und Nacht.
Dressed In Dresden heißt der erste Song, den Everdell mit ihrem Kompagnon Jason Friedman geschrieben hat. Wie der Titel schon vermuten lässt, ist der thematische Überbau hier etwas weiter gedacht. Friedman erklärt das so:
Die Idee des Songs – gerade kämpft Amerika in zwei Kriegen und es gibt keine tägliche Erinnerung daran. Es wird ausgeblendet und beeinflusst gar nichts. Die Generation, die während des Bombardements auf Dresden lebte und während der Schlacht um Berlin und Stalingrad, ist eine andere als die, die gerade in Afghanistan und im Irak ist. Nichts im Leben wird dadurch beeinflusst und dieser Unterschied ist sehr interessant.
Doch auch über derart weltliche Themen findet die Band den Bogen zum Hauptthema ihres Debüts:
Eine andere Ebene sind die Geschichten über die Teenager in Berlin, die damals in den Bunkern ihre Unschuld verlieren wollten bevor die Russen ankamen. Ein Kontrast dazu sind die Teenager heute in den Clubs – sie versuchen da auch ihre Unschuld zu verlieren. Das Hin und Her ist sehr interessant.
Diese merkwürdige Teilnahmslosigkeit von jungen Leuten die noch nie damit zu tun hatten, besonders in den USA, für die ist das ein Spiel. So nach dem Motto: „Du bist das zerbombte Berlin und ich Stalingrad.“ – Das ist nicht lustig oder sexy.
Bei all der Nachdenklichkeit finden die Songs von The Hundred In The Hands jedoch genau dort statt, wo besagte Jugend ihr Wochenende verbringt: Auf den Tanzböden der Clubs. Die Beat Machine gibt den Vierviertel vor, Synthies wabern zu schneidenden Gitarren und dem glasklaren Gesang von Everdell. So richtig musikalisch festlegen will sich das Duo auf seinem selbstbetitelten Erstling aber nicht.
Es gibt ganz offensichtlich keinen speziellen Stil an dem wir uns orientiert haben, denn es gibt viele verschiedene Varianten von Stilen auf der Platte. Ich mag dieses Element, aber ich hoffe, dass dadurch nicht direkt auf etwas referiert wird. Es soll mehr ein Gefühl im Verstand sein und keine direkte Verbindung zu einem Song von Blondie oder New Order.
Das Konzept geht auf. Beim Hören der Songs fallen einem viele Referenzen ein, jedoch nicht die eine, hundertprozentig passende. Vielleicht bedeutet das, dass The Hundred In The Hands ihre Identitätssuche noch nicht ganz abgeschlossen haben. Oder aber: Sie haben ein zu Hause gefunden – an einem Ort, an dem man sich nicht festlegen will, zwischen Tag und Nacht, Woche und Wochenende, Alltag und Exzess – so wie die suchenden Seelen in den Städten, die sie besingen.