Die Wellen des Pazifiks donnern an die Küste, vom Wasser erklingt das Nebelhorn eines Schiffs. Träger schleppen riesige Bananenstauden eine der unzähligen Treppen hinauf, von denen die Stadt durchzogen ist. Eine Frau mit Sonnenschirm führt einen Pinguin spazieren. Der Film „…à Valparaiso“ des Dokumentarfilmers Joris Ivens aus dem Jahr 1963 vermittelt einen Eindruck davon, warum die chilenische Hafenstadt so viele Menschen fasziniert. Selbst wenn sie noch nie dort gewesen sind. So ging es auch Thierry Mazurel, als er zusammen mit seinen Mitmusikern nach einem Namen für sein Bandprojekt gesucht hat.
Es ist immer schwierig, einen passenden Namen zu finden. Während einer Probe hat uns eine Freundin von dem chilenischen Fotografen Sergio Larrain erzählt, der in Valparaiso gearbeitet hat. Wir haben uns seine Bilder angeschaut und haben sofort eine Verbindung gespürt zu dieser Stadt, obwohl keiner von uns schon mal dort gewesen ist. Auch der Film von Joris Ivens hat uns gefallen und wir haben die Band Valparaiso genannt, weil es ein so faszinierender und inspirierender Ort ist.
Instrumentalmusik mit Gastsängern
Thierry Mazurel und sein Cousin Hervé sind in Pariser Indiekreisen keine Unbekannten. Bis vor ein paar Jahren haben sie bei der Band Jack The Ripper gespielt. Als der Sänger ausstieg, entstand kurzzeitig das Projekt The Fitzcarraldo Sessions, aus dessen Kern jetzt Valparaiso hervorgegangen ist. Schon damals haben sie Instrumentalmusik gemacht und mit verschiedenen Sängern zusammengearbeitet. Demselben Konzept sind Valparaiso auf ihrem ersten Album Broken Homeland gefolgt. Darauf sind unter anderem Howe Gelb, Josh Haden und Phoebe Killdeer zu hören.
Wir haben den Sängern nicht gesagt: schreib einen Text über Südamerika oder Chile. Sie konnten machen, was sie wollten. Zwei Songs sind auf Französisch, die anderen auf Englisch. Es war eine Herausforderung, all diese unterschiedlichen Stimmen auf einem Album zu vereinen. Da hat unser Produzent John Parish großartige Arbeit geleistet. Es war ein Glück für uns, mit ihm arbeiten zu können.
Zusammen mit den verschiedenen Sängern kreieren Valparaiso in ihren Stücken eine sehnsüchtige, melancholische Atmosphäre, die wunderbar in den Herbst passt. Mit flächigen Gitarren, einem leisen Schlagzeug und auch mal einer Violine oder singenden Säge bewegen sie sich zwischen Indierock, Jazz und Americana.
No-Border-Philosophie
Der Albumtitel Broken Homeland mag erst mal negativ klingen. Für Thierry Mazurel aber ist er das nicht.
Der Titel „Broken Homeland“ bezieht sich auf eine „No Border“-Philosophie. Aber es ist nicht politisch gemeint und hat nicht zwangsläufig etwas damit zu tun, was gerade in Europa oder im Nahen Osten passiert. Es ist eher wie ein Traum, man kann die Grenze zwischen zwei Ländern einfach überqueren, überall hinreisen und die Leute zusammenbringen. Das bedeutet der Albumtitel für uns.
Die Keine-Grenzen-Mentalität und das Auf-Reisen-Sein verbinden die Band und ihre Gastsänger. Und mit den dunklen herbstlichen Songs auf Broken Homeland wecken Valparaiso auch beim Hörer Fernweh nach alten Seehäfen, mystischen Orten und den donnernden Wellen des Pazifiks.